Hallo zusammen!
zwischen den Schreibarbeiten für die Universität nutze ich die Gelegenheit um Neuigkeiten und Lösungsansätze zu liefern. Der Kompost im Glashaus sieht ganz gut aus, allerdings habe ich Bedenken bezüglich der Höhe des Kompostes. Wie angedeutet spielt die Schüttdichte eine wesentliche Rolle in der Belüftung des Kompostes. 1m 20cm Höhe ist höchstwahrscheinlich zu hoch für einen anständigen Gasaustausch. Mein momentaner Komposter ist 60cm hoch (also eine Plattenbreite), 62.5cm breit und 125cm lang. Den zweiten Komposter mache ich 50 cm hoch, dafür etwas grösser in der Fläche. Der Deckel liegt oben drauf und liegt mithilfe einiger Latten und Beschwerungsmaterial dicht, quasi luftdicht auf den Rahmen.
Ich habe eine Palette gehäckseltes Leinenstroh per Spedition bestellt, das sind ca. 590 kg und sollten für 2 Personen-Jahre ausreichen.
Zur täglichen Harnstoff (N)-Produktion: Die Menge Stickstoff die wir, hauptsächlich in Form von Harnstoff, täglich ausscheiden sollte im Umfang des täglichen Proteinkonsum liegen. Abweichungen kann es geben wenn man netto Protein im Körper akkumuliert, z.B. in Form von Muskeln. Das sollte aber übers Jahr gesehen im Prinzip 0 sein. Aus Ernährungswissenschaftlicher sicht ist eine Proteinmenge von 1g / kg Körpergewicht (ohne Bierbauch selbstverständlich) gesund. Für die meisten Menschen, die weder Schwanger sind oder sich in einer Wachstumsphase befinden, heisst das in etwa 50-70 g Protein. Der durchschnittliche Stickstoffgehalt in Proteinen liegt bei 16%, d.h. pro Person fallen jeden Tag 8-11 g elementarer Stickstoff an. Seneszierte, also kontrolliert abgestorbene, Pflanzenteile enthalten meistens zwischen 45 und 50% Kohlenstoff (Trockengewicht). Da es immer etwas Feuchtigkeit drin hat, rechnet man besser mit 45%. Pro Tag benötigt man also zwischen 530 und 750 g lufttrockenes Stroh/Laub.
Da ich mich in letzter Zeit auch mit Ernährung befasst habe (das landet schlussendlich auch im Kompost), würde ich sagen sollten wir vielmehr gesundes Fett, weniger Protein und wenig gesunde Kohlenhydrate essen (z.B. Kastanien, lang fermentiertes Urgetreide, Kartoffeln, nixtamalisierter Mais wie z.B. echte Tortillas, Reis). Selbstverständlich sind reichlich Gemüse und auch Früchte sehr wertvoll.
Wir sollten also nicht allzu viel Stickstoff ausscheiden. Wieder zum Kompost.
Ich belade den Komposter nicht auf einmal, sondern gebe jeden Tag ein Gemisch von Stroh (600 g), Urin (1-1.3 L), Holzkohlepulver und Urgesteinsmehl (je ca. 80g pro Tagesration) oben drauf. Die Küchenabfälle verarbeite ich jeweils mit dem Fleischwolf und mische sie bei.
Dieses Gemisch ergibt einen Feuchtigkeitsgehalt von ca. 65-70% was optimal für die Kompostierung ist. Wenn es zu trocken ist kompostiert das Material nicht recht und zu nass führt zu anaeroben Bedingungen. Die Fäkalien gebe ich laufend oben auf das Kompostmaterial. Ich habe gemerkt dass die Fäkalien am besten kompostieren wenn gut verteilt werden. Deshalb würde ich vorschlagen dass die Fäkalientoilette auch einen kleinen Teil Urin abbekommt damit das so eine dickflüssige "Gülle" gibt. Mann kann auch etwas Urin oder Wasser über die "trockenen" Fäkalien im Kompost giessen damit sie sich etwas auflösen, das stinkt dann vermutlich weniger.
Mit dieser Einfüll-Methode entsteht ein Leichter Ammoniak-Dampfdruck im Luftraum unter dem Deckel. Das stört nur ein bisschen beim Öffnen. Bei geschlossenem Deckel kann das Ammoniak kaum entweichen. Der erhöhte Ammoniakgehalt im Kompostmaterial hat aber auch seine Vorteile. Es hygienisiert die Fäkalien zusätzlich zur Hitze-Hygienisierung und stellt den Mikroorganismen ständig genügend Stickstoff zur Verfügung damit sie den Kohlenstoff nicht ineffizient verbrennen.
Ich würde auch behaupten dass das C/N Verhältnis für den isolierten Komposter eher auf der 25/1 Seite liegen darf, da wahrscheinlich durch die Wärmedämmung weniger Kohlenstoff verheizt werden muss.
Bei dieser Art der Komposter-"Bedienung" entsteht ein vertikaler Temperaturgradient mit der höchsten Temperatur in den neusten Schichten. Einen Kompostthermometer habe ich leider auch nicht, mein high-tech Hand-Temperatursensor tut es aber auch. Ich schätze dass ich mit den pürierten Küchenabfällen, Urin und Fäkalien eine Höchsttemperatur von 50-55°C erreiche.
Noch eine Kleine Anmerkung zur Nutzung des Komposters als Heizung: Die Wärme in einem Statischen Kompost kann in einem kurzen Zeitfenster (einige Minuten) ausschliesslich von den obersten 5-10 cm Material entweichen. Die unteren Schichten geben keine nennenswerte Wärmemengen nach oben ab. Bei einem Batch-Kompost, wo das ganze Material auf einmal eingeladen wird muss deshalb ein Wärmetauscher (Wasserleitung) eingebaut werden um die Wärme zu nutzen. Oder aber man wendet den Haufen mit der Mistgabel um die Wärme an die Umgebung abzugeben. Dann ist aber die Isolation nicht sehr praktisch, es sei denn man hat einen grossen isolierten Kompost-Tumbler wie der JoraForm 400. Oder gar mehrere davon.
Ich gebe täglich den Urin fertig vermischt mit dem Rest (wie oben festgehalten) jeweils auf das kompostierende Material, da beim Giessen in eine Grosse Strohmenge sich nicht genügend Gleichmässig verteilt. Besonders die untern Lagen erhalten überhaupt keinen Urin und kompostieren zur Folge nur schlecht. Das mag bei nicht-gehäckseltem Stroh etwas besser Funktionieren, dennoch würde ich nicht die ganze Kohlenstoffmenge zu Beginn einfüllen.
Ich hoffe einige Unklarheiten etwas geklärt zu haben.
Viele Grüsse und weiter viel Spass beim Kompostieren ;-)
Jonas
p.s. Ich werde am Energiewendefestival von Greenpeace Schweiz einen Workshop über Kompostierung leiten, eventuell wird es mit Video aufgezeichnet, dann können auch Auswärtige von diesen Informationen profitieren.
Hallo Jonas,
das waren wiedermal sehr ausführliche Erklärungen und neue Erkenntnisse (zumindest für mich) die du da geschrieben hast. Was die Höhe meines Komposts betrifft, so hatte ich zwar vor, den zweilagig zu machen (also dann 130cm hoch, bei 65cm breiten Platten), hab dann aber lediglich die einlagige Variante gewählt, sprich 65cm hoch. Trotzdem bin ich einigermaßen ernüchtert über meinen derzeitigen Stand des Kompostfortschrittes. Inzwischen ist die Temperatur auf ca. 24 Grad bzw, 28 Grad abgeflaut. Bei einem thermo prüfenden Griff ins Innerre muss ich leider erkennen, dass das Ganze ziemlich kühl zu sein scheint. Also hat der Heizeffekt wohl sehr schnell nachgelassen und die Zugabe von Stroh hat das Ganze nicht wieder angefacht. Der Kompost ansich sieht gut aus, riecht auch angenehm obwohl ich ihn täglich immer noch mit etwa 2-3 Liter Urin füttere. So bleibt mir im MOment lediglich die Erkenntis zu wissen, dass ich nichts weiß. Du hattest in deinem Versuch ich glaube es war März von thermophilen Pilzen gesprochen, die deinen Kompst durchzogen. In welchem Zeitraum hatten die sich angesiedelt, weißt du das noch? In diesem Beitrag hattest du auch von Temeraturen zwischen 50-60Grad geschrieben. War das auch schon auf die ersten 10-20cm bezogen? Denn dann wäre die Heizleistung für so einen Thermokomposter tatsächlich eher zu vernachlässigen. Interressant finde ich dann noch die Keimabtötende Wirkung bei solchen Temperaturen. Interessant finde ich auch, dass Ammoniak zur Sterilisierung der Fäkalien beitragen kann. Ich dachte nämlich immer, dass in den herkömmlichen Plumpsklos die Brutstätten der Infektion sich befänden. Und an diesen Stätten kann man die Ammoniak Wolke ja geradezu schneiden, so dick ist die.
Wieder zum Kompost. Meine Art der Befüllung und des Befüllmaterials ist sicherlich nicht so alltäglich. Aber für mich wäre diese Arbeitsweise eine wunderbare Idee, in meiner Gärtnerei nicht nur wieder Humus selbst zu produzieren und auch zu verwenden, sondern nebenbei Abwärme für die Glashäuser. Das aber scheint ein doch etwas zu hoher Anspruch den ich an die Kompostierung habe. Aber natürlich werde ich das Ganze weiter hegen, pflegen und beobachten.... und natürlich berichten.
Herzliche Grüße
Thomas kahl
Hallo Thomas,
Wenn der Kompost selbst bei erheblicher Urinzugabe weder heizt noch nach Ammoniak anfängt zu stinken ist vermutlich immer noch zu wenig Urin drin. Die Andere Erklärung ist wahrscheinlich fehlende Feuchtigkeit im Material. Am besten findest du das heraus wenn du mit der Hand mal tief hineingreifst. Das Material sollte eher auf der nassen Seite sein (so um die 70% Wassergehalt). Wenn es zu trocken ist kann es nicht recht aufheizen. Um das Material auch in den inneren Bereichen feucht zu kriegen giesst du am besten mit der Giesskanne ohne Brausekopf eine ca. 1:5 verdünnte Urin/Wasser-Lösung hinein. Wenn sowieso schon viel Urin drin ist kannst du auch einfach Wasser hinein giessen. Das habe ich bei meinem Kompost die letzten zwei Tage gemacht, da ich das Gefühl hatte, es sei noch vorigen Kohlenstoff drin, und vor allem zu wenig Wasser in den mittleren Schichten. Seit der Anfeuchtung hat die Temperatur rasant selbst in tieferen Lagen zugenommen.
Absolut wichtig ist, dass der Deckel den Komposter oben dicht abschliesst. Nur so kann sich der heisse Dampf oben stauen und gasförmiges Ammoniak die Fäkalien durchdringen. Diese Art Dampfkochtopf mit Ammoniak hygienisiert die Fäkalien viel effektiver als ein Ammoniak-Vulkan, der das Ammoniak stetig oben rauslässt.
Der thermophile Pilz den ich im Frühjahr entdeckt habe ist vermutlich durch die Kombination von Küchenabfällen und Tischlerholz-Späne aufgetreten (ich glaube es was Nussbaum-Holz). Diesen Pilz habe ich in letzter Zeit nicht mehr gesehen, dennoch funktioniert die statische Heissrotte einwandfrei, sofern es genügend Wasser hat und das Urin/Stroh Verhältnis stimmt. Die Phosphor-reichen Fäkalien und pürierte Küchenabfälle gebe ich ebenfalls laufend dazu.
Ich denke dass dennoch thermophile Pilze das Material "fressen" da diese sich besonders in einem ungestörtem Haufen wohlfühlen, wo nicht ständig eine Mistgabel oder ein Kompostwender ihr Hyphennetzwerk zerstört. Selbstverständlich arbeiten sie nicht alleine sondern zusammen mit thermophilen Bakterien (und Archaea, die immer vergessen werden :D ). Massgeblich zur Belüftung trägt selbstverständlich auch das Kohlenstoffmaterial bei. Mit dem gehäckselten Leinenstroh scheint die Belüftung und auch die hydraulische Leitfähigkeit (so wie ein Schwamm) ziemlich gut zu sein.
Ich denke es lohnt sich die Zutaten am Anfang relativ genau zusammen zu mischen und die richtige Feuchte einzustellen. Nachher mische ich die Zutaten anhand von Volumen (oder Gewicht) zusammen.
Herzliche Grüsse,
Jonas
Jonas Léchot hat geschrieben:... lang fermentiertes Urgetreide,...
Das ist tatsaechlich ein wertvoller Hinweis!
Hab' ich mit Buchweizen und auch mit Gerste gemacht; einfach die Koerner in reichlich Wasser einweichen und bei Zimmertemperatur ein paar Tage stehen lassen, dann mit dem Blender in eine Art Sauerteig zerschneiden (bei Bedarf etwas Wasser zugeben damit der Blender nicht heisslaeuft). Diesen Sauerteig kann man dann weiterverarbeiten.
Ist leichter verdaulich, und man erspart sich das Mahlen.