Stickstoffkonservierung im Urin durch Photofermentation

Jonas Léchot
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Registriert: Do 10. Jan 2013, 17:15

Stickstoffkonservierung im Urin durch Photofermentation

Beitrag von Jonas Léchot »

Hallo zusammen!

Ich arbeite schon seit einiger Zeit mit den EM und habe gefunden, dass diese besonders gut geeignet sind, um die Hydrolyse von Harnstoff im Urin zu vermeiden (es hat immer ein paar Bakterien die drin sind und dann fleissig die Urease arbeiten lassen). Dies geht prima mit der Zugabe von ca. 2 g Zucker pro Liter Urin und einige Mililiter EM. Dies reicht im Prinzip aus, um die Ureaseaktivität zu unterbinden.
Danach habe ich versucht, diesen Urin mit Sägespänen und etwas Wurmkompost zur Inokulation zu verdauen damit das Material anschliessend von den Würmer gefressen werden kann. Ohne erfolg, nach 3 Tagen hat es stark nach Ammoniak gerochen. Meiner Meinung nach liegt das Problem in der Zersetzbarkeit der beiden Materialien: Harnstoff ist sehr leicht spaltbar (wird zum errichten eines Protonengradienten zum Antrieb der Flagellen verwendet) und Holzsspäne äusserst inert, d.h. es kann pro verfürbaren Stickstoff nicht genügend Kohlenstoff mobilisiert werden und überschüssiger Harnstoff wird als Energiequelle verwendet.
Es gilt also, den Harnstoff vor der Kompostierung wieder in Aminosäuren etc. einzubauen. Das könnte durch eine hohe Zugabe von Zucker um das C/N Verhältnis auf die Bakteriellen Bedürfnisse anzupassen gelöst werden. Allerdings ist diese Variante nicht besonders ökonomisch und für viele mittellose Menschen keine Alternative.
Da die EM unter anderem auch Photosynthesebakterien (Rhodopseudomonas palustris) enthalten ist mir eine super Idee in den Sinn gekommen. Diese Bakterien können die Lichtenergie nutzen, um Lignin zu spalten und den darin enthaltenen Kohlenstoff als Baustoff für Proteine, Lipide etc zu verwenden. Zudem konkurriert die bakterielle Photosynthese kaum mit der pflanzlichen, da sie im nahen Infrarot absorbieren.
Ich habe einen ersten Versuch gestartet und Urin zusammen mit Weizenkleien (Quelle von "inertem" Kohlenstoff) und EM in einem hermetischen Glasgefäss ans Licht gestellt. Es gab keinerlei Ammoniak-Emission und der Geruch ist vollständig verschwunden. Auch die Farbe hat sich verändert (heller geworden) und die Trübheit der Lösung hat zugenommen (Optical Density), was auf eine hohe Zellzahl hindeutet.
Als Lignin/Cellulosequelle könnten z.B. auch Amaranth-"Spelzen" verwendet werden, da diese von Natur aus sehr fein sind, denn die Photosynthesebakterien brauchen genügend Angriffsfläche.
Da Weizenkleie o. ä. lichtundurchlässig sind, konkurrieren sie mit den Bakterien, dies scheint aber bisher kein Problem darzustellen. Zu ermitteln bleibt, wieviel Weizenkleie o. ä. benötigt werden, um sämtlichen Harnstoff in Biomoleküle wieder einzubauen. Die Bakterien könnten dann von Würmern kompostiert werden oder allenfalls verdünnt als Flüssigdünger/Bio-Inokulat verwendet werden. Der pH des photofermentierten Urins stabilisiert sich auf ca. pH=4.

Gruss,
Jonas
Jonas Léchot
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Re: Stickstoffkonservierung im Urin durch Photofermentation

Beitrag von Jonas Léchot »

Kleine Erweiterung zur praktischen Ausführung der Photofermentation:

Als geeignetes Gefäss für die Photofermentation haben sich 3 L Zip-Lock Beutel mit Verschluss-slider erwiesen. Diese sind bis jetzt wasserdicht und haben eventuell auch eine leicht matte Oberfläche, was die Lichtdurchlässigkeit erhöht.
Ich habe den fermentierten Urin mikroskopiert und eine sehr hohe Zelldichte festgestellt. Die R. palustris können scheinbar Weizenkleie prima als Kohlenstoffquelle nutzen. Ich denke dass die Milchsäurebakterien vor allem während der Nacht zum Zuge kommen, wogegen den Tag hindurch die Photosynthesebakterien besonders aktiv sind. Was genau die R. palustris alles können ist soviel ich weiss ziemlich unbekannt, es hat sich jedoch gezeigt, dass sie Lignin-Monomere und Halogencarbonsäuren abbauen können (letztere sind hoffentlich im Urin aber nicht vorhanden). Da Weizenkleie zu einem bestimmten Teil auch Proteine und Kohlenhydrate enthalten habe ich auch einen Versuch mit gemahlenen Erdnussschalen gemacht. Das Ergebnis ist vergleichbar, die optische Dichte ist gleich hoch.
Die gefüllten Zip-Lock Beutel können entweder direkt ans Sonnenlicht gestellt werden oder auch unter Pflanzen, da die bakterielle Photosynthese im nahen Infrarot arbeitet und die Pflanzen wenig dieser Wellenlänge absorbieren oder reflektieren.

Weitere Vorschläge und Anregungen sind willkommen!
Schinus
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Re: Stickstoffkonservierung im Urin durch Photofermentation

Beitrag von Schinus »

Hallo Jonas,
ich weiß, da bin ich etwas spät dran, aber ich hab deinen Bericht über die Stickstoffkonservierung im Urin erst jetzt gelesen. Überhaupt bin ich erst seit Kurzem auf die Idee und die Wirkungsweise von Terra Preta gestoßen. Umso interessanter finde ich dieses Thema. Nicht obwohl, sondern gerade weil ich Gärtner bin, der fast ausschließlich mit Kübelpflanzen u. a. Topfpflanzen arbeitet und ich bisher dachte, dass ich ohne Mineraldünger bei den Topfgewächsen nicht auskomme. Wie es scheint, gibts da noch einiges zu lernen für mich. Aber jetzt zu meiner vielleicht etwas naiven Frage. Wieso kann ich den Urin nicht einfach direkt in die Erde einbringen? In welcher Form liegt der Stickstoff denn im Urin vor? Harnstoff habe ich gelernt verflüchtigt sich nicht so leicht. Den Rest sollten doch dann die Mikroorganismen erledigen, oder nicht?
Herzliche Grüße
Thomas
Jonas Léchot
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Registriert: Do 10. Jan 2013, 17:15

Re: Stickstoffkonservierung im Urin durch Photofermentation

Beitrag von Jonas Léchot »

Hallo Thomas,

das ist eine sehr gute Frage. Dass der Stickstoff im Urin hauptsächlich in Form von Harnstoff vorliegt stimmt. Harnstoff an und für sich ist nicht flüchtig und auch sehr gut wasserlöslich. Die aller meisten Mikroorganismen und alle höheren Pflanzen zumindest produzieren das Enzym Urease, welches Harnstoff in 2 Ammoniak und 1 CO2 spaltet. Wohlgemerkt, Ammoniak und nicht Ammonium! Vom Ammoniak bleibt dann im Urin nur so viel übrig wie in Lösung gehen kann und durch die Pufferkapazität in Ammonium umgewandelt wird. Urin kann sehr gut als "Mineraldünger" beim Giessen verwendet werden, allerdings muss dabei richtig dosiert werden.
Die Applikation von Mineraldünger im Allgemeinen ist jedoch problematisch. Mineraldünger funktioniert nämlich nur dann, wenn es genügend organische Substanz im Boden hat, d.h. Humus, besonders Nähr-Humus. Während dem die Pflanzen wachsen, entziehen sie dem Boden unter anderem den grössten Teil der mineralischen löslichen Nährstoffe, das C/N verhältnis des Bodens steigt also massiv an. Sobald Stickstoff in den Boden gelangt beginnt im Prinzip nichts anderes als eine Kompostierung. Als Kohlenstoffquelle wird zum einen Teil Nährhumus und zum anderen Teil Wurzelausscheidungen verwendet und wie immer wird dabei viel CO2 und unter anaeroben/hypoxischen Bedingungen, wie sie schon bei geringer Bodentiefe vorherrschen, Methan und Lachgas aus der Denitrifikation. Dieser beschleunigte Humusabbau ist bei der Zugabe von organisch gebundenem Dünger (Kompost) nicht der Fall, da mit dem Kompost bereits viel Kohlenstoff eingebracht wird. Selbstverständlich spielt da die Kompostqualität (Wurm/Thermophil, Biokohle,Gesteinsmehl Ja/Nein) eine grosse Rolle.
Der zweite Grund, weshalb Urin zur Herstellung von grossen Mengen Kompost verwendet werden sollte ist von praktischer Natur. Im Winter kann man den Urin nicht auf das Feld kippen, es sei denn jeder Mensch besässe 200 m2 Gewächshausfläche. Im Sommer hat es demzufolge nicht genügend frischen Urin, da das meiste konsumierte in dieser Zeit wächst. Die Verwendung von Urin im Giesswasser ist schon ab geringer Fläche ziemlich umständlich und das "Trampeln" beim Pflanzen giessen sollte minimiert werden, da dies ebenfalls zu Bodenverdichtung führt. Inwiefern man Urin in eine Tröpfchenbewässerungsanlage einspeisen könnte weiss ich nicht, klar ist jedoch dass die Löcher in den Schläuchen saumässig schnell verstopfen…
Wenn hingegen der Urin für die Kompostierung verwendet wird, können grosse Mengen hochwertigen Kompost hergestellt werden (mit Stroh/Sägespäne als C-Quelle) die für die Setzlingsaufzucht sehr nützlich sind. Für eine hohe Pflanzenproduktivität ist schnelles Jungwachstum von grösster Bedeutung und je mehr Kompost jeder einzelnen Jungpflanze zur Verfügung steht, desto schneller wächst sie. Ein guter Kompost enthält zudem nicht nur alle nötigen Nährstoffe sondern auch eine ganze Reihe Pflanzenwachstumsfördernden Mikroorganismen (PGPR ist die Abkürzung) welche das Pflanzenwachstum auf verschiedenste Weise positiv beeinflussen (meistens nicht Nährstoff bedingte Wachstumssteigerung).
Eine weiterer Grund für die Kompostierung von Urin ist Wärmenutzung aus Kompost. Bald werde ich einen Komposter-Prototyp bauen, der als Heizung dient und dabei Kompost generiert, der dann weiter von Würmern vererdet wird. Um möglichst effizient Urin in Humus umzuwandeln, muss der C-Abbau im Stroh/Sägespäne mit der Zugabe von Urin koordiniert sein, es wird also kontinuierlich Urin verdünnt gleichmässig dem Kompost beigemischt. Ein französischer Forstwart (Jean Pain) hat in ählicher Weise den ganzen Winter sein Haus geheizt.

Ich hoffe ich habe deine Frage beantwortet.

Herzliche Grüsse
Jonas
Schinus
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Registriert: So 15. Dez 2013, 07:45

Re: Stickstoffkonservierung im Urin durch Photofermentation

Beitrag von Schinus »

Hallo Jonas,
zunächst mal herzlichen Dank für deine außerordentlich detaillierten Ausführungen. Der Teufel steckt immer im Detail. Mein gärtnerisches Wissen setzt sich nach all den Jahren meines Arbeitens mit Pflanzen aus einem fachlich fundierten Halbwissen und einer gehörigen Portion praktischer Beobachtungen zusammen. Ich habe deine Zeilen so verstanden, dass eine Düngung der Pflanzen mittels Kompost die Nachhaltigste ist. So sehe ich das auch. Selbst wenn ich immer noch anders arbeite. Als mineralische Düngung bezeichne ich hauptsächlich "Kunstdünger". Und mit Düngersalzen kann man auch ohne Erde Pflanzen kultivieren. Ob in Steinwolle, Lavagestein oder mit dieser seltsamen Airoponic. Aber ich glaube, du sprichst von Mineraldünger in einem fachlichen Zusammenhang und der ist nicht gleichzusetzen mit Kunstdünger, richtig?
Was mir nun an deinem Bericht aufgefallen ist, das ist die Tatsache, dass du Urin mit Hilfe von Sägespänen o.a. C-Quellen kompostieren würdest. Was passiert da mit dem Ammoniak? Nein, das frag ich jetzt nicht. Denn die Erklärung könnte mir zu chemisch werden. Aber einfach gefragt: Was ist da mit der Geruchsbelästigung? Denn wenn es keine gäbe, könnte man doch Urin und Kot zusammenführen, wenn man genügend Sägespäne dazu gibt, wie es auch hier schon gepostet wurde. Dann wären wir bei der BLT Toilette. Im Grunde viel einfacher zu handhaben, vor allem denke ich für Frauen. Ich selber finde es schon reichlich kompliziert, beim kacken mit der Urinflasche zu hantieren. Sägespäne und Terrapreta Streu könnten das demnach einigermaßen geruchsneutral auch liefern. Und wenn man tatsächlich nur pinkeln muss, dann bestünde immer noch die Möglichkeit eines Urinals mit einem Kanister, der das ganze auffängt. Was die Ausbringung des Urins betrifft, so bin ich mit meiner Gärtnerei etwas im Vorteil. Weil ich das einfach über einen Düngermischer laufen lasse, wie z.B. den Dosatron. Außerdem muss ich hier mal alle, die davor warnen Urin pur über die Pflanzen zu geben mit den Erfahrungen konfroniteren, die ich in den langen Jahren meiner Pinkelei in Pflanzentöpfe gemacht habe: Bisher hab ich noch keinen einzigen Pflanzenschaden beobachten können. Bei Topfgrößen von 25cm bis 100cm Durchmesser und einem Urineintrag von ca. 200ml bis 1000ml, je nachdem wie oft ich da reingepinkelt habe.
Übrigens die Wärmenutzung aus Kompost ist mir nicht ganz neu. Da haben schon einige Gärtnerkollegen rumexperimentiert. Ich frage mich hingegen, woher diese Wärmeenergie denn kommt? Ich suche dabei keine chemische Antwort. Aber Wärme ist doch Energie. Und die Energie die dort sich in Wärme verflüchtigt, fehlt dem Boden, sie inform von Nährstoffen an die Pflanzen weiter zu geben. So oder so ähnlich sah es jedenfalls Rudolf Steiner und ich finde, da hat er ziemlich recht. Wie gesagt, ohne dass ich dies chemisch auch nur annähernd erklären könnte. Ich freue mich, dass ich so viele neue Anregungen von dir und aus dem Forum allgemein bekommen habe und hoffe, ich kann zur weiteren Diskussion mit meiner Meinung und meinen Erfahrungen beitragen.
Herzliche Grüße
Thomas
Jonas Léchot
Beiträge: 44
Registriert: Do 10. Jan 2013, 17:15

Re: Stickstoffkonservierung im Urin durch Photofermentation

Beitrag von Jonas Léchot »

Hallo Thomas,

mit Mineraldünger sind alle Dünger gemeint, bei denen die Nährstoffe in oxidierter, also mineralischer Form vorliegen. Organische Dünger enthalten die Nährstoffe meist in organischer, d.h. an Kohlenstoff gebunden, Form, zumindest was den Stickstoff und Schwefel anbelangt. Sägespäne können sehr gut verwendet werden um auf der Trockentoilette Gerüche zu vermindern. Allerdings rate ich davon ab direkt reinzupinkeln, da es sehr viel Sägespäne braucht um die rasante Umwandlung in Ammoniak zu absorbieren (die Urease ist ein hochaffines Enzym, d.h. wenig Enzym reicht um innert kürzester Zeit viel Harnstoff zu spalten). Entscheidend ist nicht, wieviel Sägespäne vorhanden sind, sondern wie schnell diese zu einfachen Zuckern abgebaut werden. Da spielt die Aktivität von Cellulose spaltenden Mikroben eine grosse Rolle, und meines wissens ist diese bei hohen Temperaturen am höchsten. Kot kann also problemlos einem aktiven heissen Kompost beigefügt werden, und wenn er bereits in Sägespänen paniert ist, stinkt es umso weniger. Damit die Bindung von Ammoniak nach der Zugabe von verdünntem Urin gut funktioniert muss eine Kompostcharge zuerst richtig aufheizen. Dazu muss Urin ca. 1:12 verdünnt den trockenen Sägespänen/Stroh beigefügt werden, sodass die Feuchtigkeit optimal ist. Sobald die Temperatur und damit auch der Celluloseabbau steigt kann die Urindosierung gesteigert werden. Entstehendes Ammoniak muss nämlich von den Mikroben sofort zur Synthese von Aminosäuren/Proteinen etc. verwendet werden, sonst geht es in die Luft. Zu hohe Ammoniak-Konzentrationen sind zudem toxisch für alle Lebewesen.
Die Wärmeenergie aus Kompost kommt ganz einfach aus der Wärmegenerierung durch die Mikrobenaktivität. Da die Energieeffizienz von Lebewesen kaum 30% übersteigt wird die restliche Energie bei einer chemischen/biologischen Reaktion meist in Form von Wärme frei. D.h. mindestens 70% der Energie die im Futter für Mikroben (übrigens auch Menschen) steckt wird "unnütz" in Wärme umgewandelt. Durch die Zugabe von mehr Kohlenstoff zu beginn des Kompostierprozesses als schlussendlich zurückbleibt, wird garantiert, dass stets genügend C für den mikrobiellen Metabolismus zur Verfügung steht. Je mehr C übrig bleibt, desto mehr davon kann verschwenderisch verbrannt werden. Die Wärme die durch den normalen "ineffizienten" Metabolismus und durch verschwenderisches Verbrennen von C bis zu einem stabilen C/N Verhältnis frei wird, kann von uns verwendet werden solange genügend Wärme für die Aufrechterhaltung der Kompostierung zurückbleibt. Anstatt das Holz im Cheminée zu Russ, NOx, SOx, CO2 und etwas Wärme umzuwandeln kann man im Cheminée unbrauchbare C-Quellen mit Urin und Kot (+Kohle und Gesteinsmehl) zu wertvollem Kompost und nutzbarer Wärme umwandeln, ohne Russ, NOx, SOx und sonstigen Schadstoffen. CO2 wird selbstverständlich auch freigesetzt.
Biodynamischer Kompost entsteht ebenfalls bei hoher Temperatur (thermophil). Dabei wird die Wärme jedes Mal beim Wenden in die Luft gelassen. Genau diese Wärme würde sonst zum Heizen verwendet. Die Energie die im Heizungskompost frei wird würde auch im Boden in die Luft gehen. Nur könnten wir die abgegebene Wärme nicht nutzen da sie stark verdünnt ist.
Wenn die Kompostierung makellos abläuft entweicht dem Kompost einzig CO2 und Spuren von Methan, Ammoniak und ein paar flüchtige organische Substanzen die jedoch so oder so vom Boden entweichen würden. Mit Spuren meine ich Mengen die kaum noch detektierbar sind. Alle Nährstoffe sind dann durch die Energie des Kohlenstoffs in reduzierte organische Moleküle umgewandelt und somit nicht mehr leicht zu verlieren. Genau darin liegt der Unterschied zwischen organischen und mineralischen Düngern. Organische Dünger sind viel energiereicher, da die Nährstoffe an Kohlenstoff gebunden sind, und um von mineralisch zu organisch zu gehen braucht es Energie. Die gängigste Energiequelle in der Natur ist nebst dem Sonnenlicht reduzierter Kohlenstoff, also Zucker etc.
Den Komposter den ich bauen werde sieht ganz ähnlich dem JoraForm Komposter aus Schweden aus. Zusätzlich werde ich auf der Zentralachse Metallstäbe fixieren, damit der Kompost besser durchmischt und belüftet wird. http://www.joraform.com/en/products/com ... 0-400.html
Die Isolation ist äusserst wichtig um eine homogene Temperaturverteilung im Kompost zu erreichen. Das geht auf einer normalen Miete nicht, da es einen starken Temperaturabfall von innen nach aussen gibt.

Herzliche Grüsse,

Jonas
Schinus
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Registriert: So 15. Dez 2013, 07:45

Re: Stickstoffkonservierung im Urin durch Photofermentation

Beitrag von Schinus »

Guten morgen Jonas,
vielen Dank für deine Ausführungen. Diese Art Komposter kenne ich garnicht. Das find ich ja ziemlich genial. Und das, was an Wärmeenergie frei wird, kommt alleine von den Mikroben? Wenn ich das recht verstanden habe, dann werden von 1000 Kalorien die ein Mensch zu sich nimmt, 700 in Körperwärme verbraten? Und wenn ich das auch recht verstanden habe, dann ist die Kompostierung eine saubere Art der Verbrennung, die neben der Wärme wertvollen Kompost frei setzt? Also Cellulose wird im Kamin mit viel Hitze verbrannt und im Thermokomposter mit weniger Hitze zu Kompost? Das ist einleuchtend. Was mir bisher auch nicht klar war, ist, dass auf diese Weise keine Nährstoffe o.a. Energie für die Pflanze flöten gehen. Das würde dann auch bedeuten, dass bei einem natürlichen Rotteprozess (also wenn Herbstlaub zu Boden fällt und mit der Zeit verrottet um zu Humus zu werden) auch Wärme anfällt. Aber dann eben nicht spürbar, weil die Fläche der Rotte viel größer ist.
Solltest du Details zu deinem Komposter haben oder sollte dein Prototyp fertig sein, würde mich das mal interessieren.
Herzliche Grüße
Thomas
Jonas Léchot
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Re: Stickstoffkonservierung im Urin durch Photofermentation

Beitrag von Jonas Léchot »

Guten Morgen Thomas,
Das hast du richtig verstanden. Kein Lebewesen hat die Verbrennungseffizienz einer Wasserstoff-Brennstoffzelle, allerdings braucht es dazu auch kein Platin sondern eben "nur" Leben. Von 1000 Kalorien die man aufnimmt, werden mindestens 700 davon in Form von Wärme abgegeben, dazu kommt noch die Temperaturregulierung damit wir konstante 36.5° Körpertemperatur aufrecht erhalten können. Der Durchschnittliche Wirkungsgrad bei der Energiebestellung in den Mitochondrien aus Zucker liegt bei ca. 36%, d.h. ATP wird aus Zucker mit 36% Effizienz hergestellt. Beim Verbrauch von ATP ist nochmals ein ineffizienter Energieverbrauch, dort variert es aber von Reaktion zu Reaktion.
Verrottendes Material in einem Waldboden gibt ebenso Wärme ab wie ein Kompost, da sie jedoch stark auf die Fläche und Zeit verdünnt ist, spüren wir nichts davon. Zudem hat es im Waldboden keine grossen mengen Biokohle und Gesteinsmehl und ein ausgewogenes C/N Verhältnis, sodass vermutlich mehr CO2 in die Luft geht als bei einem guten Kompost. Normalerweise ist das C/N Verhältnis viel höher (Abgestorbenes Laub ist N arm) und die paar Tiere die hin und da ihre Exkremente loswerden konzentrieren diese an einem Ort wo viel Stickstoff und Schwefel schlussendlich verloren geht.
Kompostierung ist in der Tat eine saubere, sofern richtig gemacht, biologische Verbrennung, genau so wie auch der Mensch eine biologische Verbrennungsanlage ist ;-)
Ich denke, ideal wäre das Kochen etc. mit einem Pyrolysekocher (z.B. LuciaStove, sehr sauber!) zu machen und die Grundheizung mit dem Kompost zu bestellen. Pro Person und Jahr braucht es zwischen 40 und 80 kg Biokohle, etwa dasselbe an Gesteinsmehl o.ä. und ca. 300 kg Stroh/Sägespäne. Die Rechnung ist schätzungsweise folgendermassen:
4.5 kg N pro Jahr und Person x 30 / 0.45 (C-anteil im Stroh etc.) = 300 kg Stroh/Sägespäne
Um 80 kg Biokohle zu generieren braucht es höchstens 300 kg trockene Biomasse, das gibt also ein Total von 600 kg N-arme Biomasse pro Person pro Jahr. Ist das nicht unschlagbar?

Herzliche Grüsse,

Jonas
Schinus
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Registriert: So 15. Dez 2013, 07:45

Re: Stickstoffkonservierung im Urin durch Photofermentation

Beitrag von Schinus »

Hallo Jonas,
ha, das find ich jetzt mal eine Überraschung. Auf diese Idee bin ich ehrlich gesagt noch nie gekommen. Ich hab ja schon geschrieben, dass ich von ein paar Kollegen gehört hatte, die mit Kompostheizungen rumprobieren. Aber das ist dann eher sowas wie hier: http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/n ... 15415.html
und das finde ich ehrlich gesagt ein bisschen zu improvisiert, wenngleich ich durchaus für individuelle Versuchreihen bin. Deine Idee finde ich sehr sehr interessant. Auch Hinsichtlich der Gärtnerei, wo viel organische Masse anfällt. Ich hab deine Rechnung ehrlich gesagt nicht ganz verstanden. 4,5 Kg N pro Jahr und Person..... das mit der Formel.... und dann 600 Kilo N-arme Biomasse....? Da hab ich kein Gespür für viel oder wenig. Aber es hört sich insgesamt sehr interessant an und obwohl ich so gut wie an Forumsdiskussionen beteiligt habe, so weiß ich doch, dass es sich lohnen würde, über diese Thermokomposter Idee ein neues Thema zu beginnen. Ich bin sicher, dass sich dafür viele Menschen interessieren werden.
Herzliche Grüße
Thomas
Jonas Léchot
Beiträge: 44
Registriert: Do 10. Jan 2013, 17:15

Re: Stickstoffkonservierung im Urin durch Photofermentation

Beitrag von Jonas Léchot »

Hallo Thomas,
auf die Idee, Wärme aus Kompost zu nutzen bin ich ebenfalls über diese Biomeiler-Technik gekommen. Diese wurde jedoch von Jean Pain in Frankreich entwickelt. Er hat Unterholz zerhäckselt und einen ca 40 Kubikmeter grossen Haufen gemacht. Der grosse Nachteil dabei ist der Platz den so ein Meiler braucht (ca. 20 Quadratmeter) und die hunderte von Metern Wasserleitung. Zudem wird es dabei eher zu einem anaeroben Abbau kommen, denn die Sauerstoffkonzentration nimmt bereits bei einem kleinen Kompost (ca. 1.5 m hoch) drastisch schnell ab nach einigen Stunden. Das liegt am Diffusionswiderstand (so ähnlich wie elektrischer Widerstand) der durch die unzähligen Partikel im Kompost geschaffen wird.
Zur Rechnung: N-arme Biomasse sind Pflanzenteile, welchen ursprünglich vorhandenen Stickstoff (und anderes) entzogen wurde. Beim Stroh wurden die Proteine und alles mobile vom Stängel und den Blättern in die Körner gepumpt, das Stroh ist also äusserst N-arm. Der C-Gehalt solcher Biomasse, die hauptsächlich aus Cellulose und Lignin besteht liegt ungefähr bei 45%. Der Rest ist Sauerstoff und Wasserstoff im Wesentlichen.
Der grosse Vorteil von einem Kompost-Tumbler ist maximale Sauerstoffzufuhr, beste Durchmischung und Schnelligkeit des Prozesses. Dies erlaubt es auf viel kleinerer Fläche die selbe Wärmeleistung zu erbringen, d.h. die Heizmethode wird weniger aufwändig und zudem attraktiv um Gebäude zu heizen. Den besten Platz hat solch ein Kompost-Tumbler jedoch im Gewächshaus, wo alles entstehende CO2 und die Wärme potentiell die Pflanzen schneller wachsen lässt.
Zum heizen von Zimmern/Wohnungen müsste man irgendwie das entstehende CO2 abführen, da zu hohe CO2 Konzentrationen nicht sonderlich gesund sind. Das Problem bei allen Heizungssytemen heutzutage ist der grosse Wärmeverlust beim Wärmetausch. Es geht zu viel Energie über den Kamin flöten!

Herzliche Grüsse
Jonas
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