Kompostheizung (mit Urin u.a.)

Erdgeist
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Kompostheizung (mit Urin u.a.)

Beitrag von Erdgeist »

Dieses Thema hat sich aus diesem hier ergeben:

Link Forum Thema 1

und konkret, ab da:

Link Forum Thema 2

Meinungen, Anregungen und Kritik ausdruecklich willkommen!
Erdgeist
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Re: Kompostheizung (mit Urin u.a.)

Beitrag von Erdgeist »

@Jonas, ich sehe immer deutlicher den Unterschied unserer Standpunkte:

Du gehst die Sache an mit der Frage: "Was muessen wir tun?",
ich aber mit der Frage: "Was koennen wir tun?".


Die beiden Standpunkte koennen sich sehr gut gegenseitig ergaenzen; wir werden das wahrscheinlich
auch immer wieder tangentieren.




Behausungen die per Design Sonneneinstrahlung, Treibhaus etc., nutzen werden schon seit einiger
Zeit von Permakulturisten realisiert. Allerdings nur in Einzelfaellen; dabei steht man schnell
Regulierungsbehoerden und Regelwerken gegenueber. Wenn Du forderst, dass ALLES geaendert wird,dann
ist fuer die Meisten Leute die einfachere Loesung, den Ueberbringer der Nachricht - also Dich - als
Ketzer am Scheiterhaufen zu verbrennen als etwa jetzt alle Gebaeude abzureissen und neu zu bauen.
Im Besten Fall hast Du einen jahrzehntelangen Marsch durch die Institutionen vor Dir, und es ist
nicht so ausgemacht dass das Ergebnis allzugrosse Aehnlichkeit mit der Originalidee hat.
Eine Alternative dazu ist das grassroots-konzept, hier zB ein open-source Design zum Selberbauen.
So ein Design sollte dann von (allen) Leuten gebaut werden koennen und in bereits bestehenden
Wohnraeumen anwendbar sein. Dabei duerfen keine signifikanten Health&Safety-Bedenken bestehen.(wie
etwa Erstickungsgefahr) Wenn tatsaechlich ein Wohnraum innovativ neu entworfen wird dann wuerde
ich eher das Kellerkompost-prinzip in den Entwurf integrieren.




Zwei Drittel der Masse des C-Traegers (holziges Material); das ist bereits ein Ansatz fuer eine
grobe Rechnung!
Eine grobe Rechnung ist besser als gar nichts, also fangen wir an:

400Ltr lose geschuetteter lufttrockener holziger Spaene, das sind als Erfahrungswert etwa 100kg.(muss
lose geschuettet sein zum kompostieren). Wenn man dazu noch die gleiche Menge Urin gibt kommt man
in den Feuchtebereich von gruenem Holz, eine gute Feuchte zum verotten.(Lufttrocken= ~15%, plus
nochmal 115% >> 130% Feuchte)

Der Brennwert von lufttrockenem Holz (nicht der Heizwert) ist mit 19 MJ / kg angegeben.
Multipliziert mit zwei Drittel unserer Masse an holzigem Material, also 66.67kg, ergibt das
1266,73 MJ. Und das, dividiert durch die Dauer der Heissrottephase, sagen wir mal 4 Wochen, ergibt
die mittlere Leistung.

(1) P=E/t [W=J/s]

Das ergibt 0,52 kW durchschnittliche Leistung. In der Praxis wird die natuerlich am Anfang kleiner
sein, dann groesser werden als 0,52kW, und gegen Ende der 4 Wochen wieder abfallen.

Das ist jetzt eine grobe Schaetzung; kein Nachweis. Interessant ist, dass ich mit einem anderen
Ansatz unabhaengig davon zu einem vergleichbaren Ergebnis gekommen bin.

Fortsetzung folgt.
Erdgeist
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Registriert: Mo 10. Feb 2014, 09:06

Re: Kompostheizung (mit Urin u.a.)

Beitrag von Erdgeist »

Fortsetzung.

Wir nehmen unseren Kompost (Volumen=400Ltr, Masse=100kg holziges Material + 100Ltr Urin) in der
Heissphase und machen ein Gedankenexperiment:


Wir stellen den Kompost frei und entziehen ihm Waerme bis er um 10*C abgekuehlt ist. Die entzogene
Waermemenge,

(2) delta-Q = delta-T * m * c [J = K * kg * J/kgK]

dividiert durch die Zeit die der Kompost braucht um wieder auf die Ausgangstemperatur zu kommen,
ergibt die Leistung; wieder nach Gleichung (1). Die Reaktionsdaempfung durch die niedrigere
Temperatur lassen wir unberuecksichtigt, da der Prozess in der Praxis natuerlich kontinuierlich
verlaufen wird und die Temperatur sich auf einen Wert von 5*C unter der anfaenglichen Temperatur
einpendeln wird. Wie lange koennte der Kompost brauchen (um 5*C gedaempft) um sich wieder um 10*C
aufzuheizen? Sagen wir mal, eine Stunde; das ist wohl nicht allzu unrealistisch. Fuer c (spezifische
Waermekapazitaet, eine Stoffkonstante) nehmen wir den Mittelwert von c fuer Holz und Wasser(1,7 und
4,186 kJ/kgK). Wahrscheinlich koennen wir Urin in diesem Fall wie Wasser betrachten ohne allzu
grossen Fehler.

Natuerlich gilt (2) nicht fuer den Teil des Wassers der zu Dampf wird (Aenderung des
Aggregatzustandes) und rechnen mit mereren unbekannten Groessen ist mehr Hexerei als physikalische
Rechnung, aber das Ergebnis ist gerade durch seine Naehe zum obigen interessant:

5886 kJ pro Stunde oder 1,635 kJ / sekunde = 1.64kW.

Nochmals: das ist Kristallkugel-rechnen und wenn jemand ein besseres Rechnemodell vorschlagen kann,
dann bitte Wortmeldung!

Aber, 0,52kW und 1,64kW mit zwei verschiedenen Rechenmodellen, das ist signifikant. Der einzige
gemeinsame Unsicherheitsfaktor der Modelle ist die angenommene Masse des holzigen Materials (100kg);
und bei dem wird sich die Ungenauigkeit wohl im ein- oder zweistelligen %-Bereich bewegen; das Komma
wird sich dadurch nicht verschieben.

Aber was bedeutet 0,52 oder 1,64kW eigentlich?

Na, sowas zB:

http://www.solamagic-infrarot-heizstrah ... itaer.html

oder sowas,aber gedrosselt auf kleinste Stufe:

http://www.heizstrahler-direkt.de/burny ... black.html


Es ist klar dass wir uns in dieser Groessenordnung keine weiteren Waermeverluste leisten koennen,
etwa weil wir in kurzen Abstaenden frische kalte Luft in unseren Wohnraum einleiten muessen, die
von der Kompostheizung verbraucht wird.


Die einzige chance die ich hier sehe, ist:
Reaktorvolumen vergroessern (vielleicht ~800Ltr), Frischlustanschluss von aussen und Abluft nach
aussen, Nutzwaermeaustrag durch Wasserkreislauf oder besser durch Waermepumpe (die ganz klein sein
kann),notfalls aus Platzgruenden auch nur ein Reaktor der eben etwa alle 4 Wochen 2-3 Tage kalt ist
und als Grundheizung fuer kuehles Wetter (vielleicht bis 0*C) fungiert und bei kaltem Wetter oder
waehrend der 2-3 Tage des kalten Reaktors von einer anderen Heizung ergaenzt wird. Ja, das kann
natuerlich auch Sonnenstrahlung sein (bei geeignetem Design des Hauses).

Der Aufwand wird aber dadurch groesser. Das wird eine reine Ein-Zimmer-Grundheizung die auch mehr
als 1000Euro kosten koennte.


Oder aber das Kellerkompost-Konzept. Ich glaube, damit koennte man wesentlich mehr machen. Eine
Fussbodenheizung mit passivem Wasserkreislauf waere da zB denkbar. Die braeuchte dann vielleicht
nur an sehr kalten Tagen Hilfe von anderen Pferden. Aber, selbst wenn man alles selberbaut, wird
man wohl mit 1000Euro nicht hinkommen.


Viele Gruesse
Jonas Léchot
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Re: Kompostheizung (mit Urin u.a.)

Beitrag von Jonas Léchot »

Hallo Erdgeist,

vielen Dank für die ausführlichen Rechnungen. Es ist wichtig einen groben Eindruck der Energieausbeute zu kriegen. Ich glaube, die einfachste Methode dies zu messen ist einen Liter Wasser (im Alu-Behälter, geschlossen) oben auf den heissen Kompost zu stellen, den Isolierdeckel drauf und schauen wie lange es geht bis das Wasser um eine bestimmte Temperatur steigt. Anhand dieser Daten kann man in etwa die Leistung des Kompostes schätzen. Aus dem Gefühl heraus würde ich mal sagen, dass eine Person insgesamt 1.6 m^3 Kompostiervolumen braucht. Die Leistung hängt vermutlich auch zum Teil von der Kohlenstoffquelle ab. Stroh von Getreide, Flachs, Hanf, und sonstigen "seneszierten" Pflanzenteilen sind auf jeden Fall besser abbaubar und unter Betrachtung des realen Preises auch viel günstiger als Holz. Das Problem ist, dass unsere modernen Kurzstroh-Getreide das nicht mehr die Menge produzieren, das ist aber ein anderes Thema.
Die Leistung des Kompostes ist stark an die Grundfläche gebunden, denn thermophile Pilze arbeiten zwischen 20 und 62°C. Die Leistung bei bleibender Grundfläche erhöhen würde heissen dass die Temperatur steigen müsste, oder die Temperatur über den Wärmetauscher schneller entzogen wird.
Zur Urindosierung: Urin sollte man auf keinen Fall unverdünnt und in einer Ladung der Kohlenstoffquelle beigiessen, das resultiert in einer Ammoniak-Wolke. Um die Kompostierung zu starten wird der trockenen Kohlenstoffquelle ca. 1:10 verdünnter Urin beigefügt, beim Holz kann es etwas stärker konzentriert sein aufgrund des sauren pH des Holzes. Das entstehende Ammoniak neutralisiert dann das Holz um die Kompostierbedingungen zu verbessern. Anschliessend (ca. 2-3 Tage später) wenn die das Material heiss ist wird täglich oder halbtäglich die anfallende Menge Urin ca. 1:2 verdünnt (je nach Wasserverlust des Kompostes) regelmässig darübergegossen, bis sich das Anfangs-C/N-Verhältnis auf ca. 30 eingestellt hat.

Die Frage mit dem Preis ist wichtig. Wir müssen uns die Frage stellen: wollen wir eine Technologie "verkomplizieren" damit sie in die heutigen Strukturen passt, oder wollen wir die heutigen Strukturen anpassen, sodass diese effektiver sind und die neue Technologie unkompliziert hineinpasst? Wärmetausch bei Gasen ist für meinen Geschmack unnötig kompliziert und teuer. Um die Wärmeausbeute beim Kompost zu verbessern würde ich vielmehr das Wasser, welches zur Urinverdünnung verwendet wird, vorerst im Gewächshaus in einem schwarzen Behälter passiv aufheizen, damit der Kompost dadurch nicht (zu sehr) abgekühlt wird. Da spielt dann der kalte Sauerstoff keine grosse Rolle mehr, da Luft eine viel geringere Wärmekapazität als Wasser hat.

Viele Grüsse,
Jonas
Erdgeist
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Registriert: Mo 10. Feb 2014, 09:06

Re: Kompostheizung (mit Urin u.a.)

Beitrag von Erdgeist »

Hallo Jonas


Hier eine wahre Geschichte:

Es war einmal vor langer Zeit, hinter den sieben Bergen, da wohnte ich in einem alten Haus mit
nicht allzu dichten Fenstern und Tueren, und ich hatte im Schlafzimmer einen Gasofen fuer
Flaschengas-Butan; genau so einen wie den, den ich als Vergleich fuer die Heizleistung verlinkt
habe.

Eines nachts wachte ich total benommen auf, war aber noch hell genug im Kopf um zu begreifen was
los war:
Der Ofen hatte viel vom Sauerstoff im Raum verbraucht und hatte sich, wie per Design vorgesehen,
abgeschaltet. Trotzdem war so wenig Sauerstoff im Raum dass ich nicht nur total schwammig im Kopf
war, sondern auch zu schwach um aufzustehen. Ich musste ganz langsam am Boden bis zur Zimmertuer
kriechen, das dauerte wohl merere Minuten, und dann am Boden liegend die Tuerklinke mit der Hand
erreichen um sie zu oeffnen. Das gelang mir auch nach einigen Versuchen. Dann die Tuer aufgestossen,
den Kopf in den ungeheizten Gang gestreckt und so richtig tief durchgeatmet. Nach ein paar Minuten
war ich wieder vollkommen fit.

Ein von Krankheit oder Alter geschwaechter Mensch waere vielleicht in der gleichen Situation nie
wieder aufgewacht und ueber den Jordan gereist.


Die Moral der Geschichte:
Ein Kompost verbraucht Sauerstoff; solange das nicht geloest ist, stelle ich keinen Heizkompost
in einen geschlossenen Raum. Denn das waere kriminell.
In den Keller, mit Gasaustausch nach draussen, wuerde ich ihn ohne weitere Massnahmen schon
stellen. Dann gilt fuer den Keller, was fuer jeden Weinkeller gilt. Dort wohnt man aber nicht, und
man kann auch abschliessen, etwa damit keine Kinder hineingehen.


Jonas Léchot hat geschrieben: Wir müssen uns die Frage stellen: wollen wir eine Technologie "verkomplizieren" damit sie in die heutigen Strukturen passt, oder wollen wir die heutigen Strukturen anpassen, sodass diese effektiver sind und die neue Technologie unkompliziert hineinpasst?
Also, jetzt ganz offen gesagt: mir gefaellt die Waermeaustauscher- oder Waermepumpen-Loesung fuer
einen Zimmer-Kompost ueberhaupt nicht (eben wegen der Effizienz), und ich habe sie nur der
Vollstaendigkeit willen angesprochen. Mit dem, was wir bis jetzt erarbeitet haben, bin ich nicht
sehr zuversichtlich fuer das Erreichen einer guten Loesung fuer den Zimmer-Kompost.

Aber, neben der Keller-Loesung waere auch ein integriertes Design denkbar. Das koennte vielleicht
so aussehen:

Fuer eine kleine Familie eine Art geodaetischer Kuppel von ~25m Durchmesser und ~6,25m Hoehe;
ein Stabwerk gedeckt mit einer transparenten Membrane, das als Treibhaus wirkt in dem das Gemuese
etc. der Bewohner das ganze Jahr ueber angebaut wird. In der Mitte als Kern-Wohnraum ein kleiner
Pfahlbau (~50m2), ausgefuehrt in Leichtbau in Holz und Lehm. Drinnen nur Schlafraeume und Bad, sowie
ein kleiner Aufenthaltsraum fuer extrem kalte Tage; denn die ganze Kuppel wird nicht nur als Garten
sondern tagsueber auch als Wohnraum genutzt. Kletterpflanzen auf vertikalen Gittern und Parawane
fungieren als Raumteiler. Im Sommer wird eine dunkle Membrane zur Beschattung aussen auf Teile der
Kuppel aufgebracht. Die ganze Kuppel wird geheizt durch die Sonnenstrahlung und durch einen (mega)
Kompost unter dem Pfahlbau, teilweise versenkt im Boden. Die Pflanzen veratmen das CO2 des Kompostes
(nicht zur "Rettung des Klimas" sondern der Atemluft wegen), und relativ wenig Lueftung nach aussen
waere noetig.
Das crux ist natuerlich die Frage wie gross der Kompost sein kann ohne dass in der Kuppel CO2
akkumuliert. Ausserdem noch ein Messgeraet das Alarm schlaegt wenn der Sauerstoffgehalt sinkt;
in so einem Notfall muss man die ganze Kuppel verstaerkt lueften (soll aber per Design nicht
vorkommen).

Aber das ist jetzt nicht mehr eine Loesung fuer jedermann, sondern ein genehmigungspflichtiges
Bauwerk.



Viele Gruesse
Jonas Léchot
Beiträge: 44
Registriert: Do 10. Jan 2013, 17:15

Re: Kompostheizung (mit Urin u.a.)

Beitrag von Jonas Léchot »

genau, so eine geodätische Kuppel ist etwas ganz tolles. Ich habe das für diesen Sommer geplant, allerdings nicht gerade in dieser grösse, 6.25m höhe ist schon ganz majestätisch, wenn man es sich aber leisten kann ist das eine super Lösung (auch ästhetisch). Ein Problem das man bei sämtlichen Bauten niemals vergessen darf ist, dass die ganze Regenwassermenge, insbesondere für ein Gewächshaus, gespeichert oder direkt über ein Bewässerungssystem verteilt werden muss. Geodätische Kuppeln sind die Zukunft für emotional und ökologisch taugliche Wohnräume!
Wegen dem Sauerstoffverbrauch: der Sauerstoffverbrauch lässt sich relativ leicht abschätzen in dem man annimmt dass zur Reduktion unserer oxidierten Abfälle (insbesondere Harnstoff) in etwa die 3-fache Energie unserer Energieausbeute beim veratmen der Kohlenhydrate und Fette in Form von Holz benötigt wird. Das wäre dann für so einen Kompost das dreifache an Sauerstoff, der von einer Person im Jahr konsumiert wird, allerdings ist die Intensität, also der Verbrauch pro Zeiteinheit höher. Das könnte in der Tat ein Problem werden wenn der Sauerstoff in der Kuppel ausgeht. Die beste Lösung dazu ist ein üppiger Bewuchs auch im Winter mit Nutzpflanzen, die besonders gut bei tieferen Temperaturen gut wachsen und somit Sauerstoff produzieren (z.B. allerlei Kohlarten, Spinat etc.). Auch muss die Gewächshausfolie von guter Qualität sein, damit genügend Licht eindringt, denn im Winter ist Licht in Mitteleuropa äusserst knapp. Für einen üppigen Bewuchs und gute Sauerstoffproduktion braucht es aber auch gute Erde und gesunde Pflanzen, die nicht gleich unter Photoinhibition (also Schaden am Photosystem wo die Photonen in Energie umgewandelt werden) leiden.
Mittlerweile gibt es CO2-permeable Gewächshausfolien, den Namen habe ich jedoch vergessen. Das wäre eine äusserst gute Option, da der Kompost ± immer gleich viel und bei relativ geringer Rate CO2 abgibt.

viele Grüsse,
Jonas
Erdgeist
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Re: Kompostheizung (mit Urin u.a.)

Beitrag von Erdgeist »

Naja, so eine Kuppel ist eine Behausung anstatt eines Einfamilien-Hauses; und hoechstwahrscheinlich ist sie
mit weniger Geld als ein Solches realisierbar. Der "European Way" dafuer waere wahrscheinlich erstmal, das
als Forschungs- und Demonstrationsobjekt zu betreiben; Bau und Bewohnung fuer ein paar Jahre. Also staatliche
oder quasi-staatliche finanzierung der Kosten, Nutzung eines geeigneten Stueck Bodens auf etwa 5 Jahre, und
Befreiung von Genehmigungsverfahren jenseits von einfachen Sicherheitsnachweisen.


Aber, Eines wird dabei gerne vergessen:

Das Problem des Homo Sapiens ist nicht der Mangel an geeigneten technischen Loesungen; und auch nicht der Mangel an Information. Auch das Internet hat nichts an der Lage geaendert, bezogen auf unseren Themenkreis hier.




Wir sind nicht nur nicht bereit auf einen Teil unseres Wohlstandes und unserer Bequemlichkeit zu verzichten,
sondern wir fordern sogar dass Wohlstand und Bequemlichkeit immer schneller steigen. Wir reden von Heizung
alo bleiben wir einfach beim Thema Energie:

Wir wollen eine "Energiewende",wir wollen "gruene Energie", "saubere Energie"; egal wie wir es jetzt nennen.
Aber wir sind nicht bereit deswegen weniger Energie zu verbrauchen; wir verbraten immer mehr davon. Und das ist
derzeit nicht loesbar (glaube ich).

Und wir sind nicht bereit mehr fuer diese "saubere Energie" zu bezahlen. Das ist schon loesbar.
Und zwar mit Betrug:

Wir nehmen unsere Steuergelder und subventionieren damit die "saubere Energie". Zwar bezahlen wir nach wie vor
die Zeche selbst (plus Verwaltungsaufwand....plus....plus....), aber wir muessen das nicht unbedingt wissen;
wir koennen die Steuerlast als eine getrennte Sache betrachten und uns regelmaessig versprechen lassen dass
sie kleiner wird in Zukunft oder zumindest nicht groesser.








Aber trotzdem, man koennte so ein Kuppelprojekt anstreben. Es waere wohl nicht das Duemmste aller Dinge, die in der Welt geschehen.



Viele Gruesse
Erdgeist
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Re: Kompostheizung (mit Urin u.a.)

Beitrag von Erdgeist »

Ha-hahh!!
@Jonas, jetzt hast Du mich wieder auf eine Idee gebracht!


Vorgeschichte:
Letztes Jahr habe ich einen begehbaren Folientunnel von ~20m2 entworfen; zugeschnitten auf meine Rahmenbedingungen
und bereits verfuegbares Material; den aber dann wieder verworfen. Der Aufwand gegen den zu erwartenden Nutzen
ist einfach ungerechtfertigt hoch. In echter Kaelte bringt ein ungeheizter Tunnel nicht viel fuer das Gemuese und dann
muesste ich auch das Regenwasser 12 Monate im Jahr managen (im Sommer abbauen lohnt sich auch nicht).
Dazu kommt noch das Hagel-Risiko: ein richtiger Hagel und ich muss die ganze Folie neu kaufen.
Ich habe mir auch ueberlegt mein Haus mit einem kleinen JeanPain-Meiler teil-zu-heizen. Der koennte aber nur
~15m3 gross sein aus Platzgruenden, daher wollte ich den Winter ueber ein Folien-Treibhaus darum bauen und den
Meiler mit Wintergemuese bepflanzen. Aber es ist fraglich ob der Meiler trotz Treibhaus aussen herum noch gross
genug ist um bei Kaelte noch ein bischen Heizleistung zu bringen. Wenn er aber im Winter einmal kalt ist dann
geht bis zum Fruehling gar nichts mehr. Also auch das in die Schublade.
Dann habe ich im Herbst in meinem kleinem (5m2) kalten Treibhaus aus Stegplatten (Polycarbonat) auf einem
Quadratmeter versuchsweise frischen Pferdemist ~20cm hoch eingestampft, dann 20cm Erde darueber und einen
kaelteliebenden Asiensalat ausgesaet. Der Mist sollte wie bei einem Mistbeet den Boden heizen. Hat er aber
nicht. War wohl zu wenig Mist. Der Asiensalat wurde im Spaetherbst noch etwa 10cm gross, dann Wachstumsstop
bis Ende Februar, als es heuer warm wurde. Momentan bin ich kurz vor dem dritten Schnitt.

Aber, ich koennte vielleicht mein kleines Treibhaus mit einem Heizkompost wie dem Deinen den Winter ueber heizen!
Im letzten, ausgesprochen warmen, Winter waere der dort nie kaelter als -5*C gestanden wenn er ein bischen
geheizt haette; in einem normalen Winter muss man sicher mit Nachttemperaturen von bis zu -10*C kalkulieren
(wenn er heizt!). So koennte man anfallenden Humanure, zumindest Urin, und Kuechenabfaelle den ganzen Winter
ueber kompostieren und vielleicht waere die Waerme genug fuer Kurztagspflanzen. Asiensalate, Radies, Feldsalat,
Romanasalate.....
Und das praktisch ohne Mehraufwand!

Gerueche und Wasserdampf waeren egal, CO2 auch weitgehend da man die Tuere zum Treibhaus aufmacht bevor man
hineingeht und die Luft in dem kleinen Treibhaus in ein paar Sekunden groesstenteils ausgetauscht wird.


Der Kompost muesste dazu bis -10*C aushalten koennen und es braeuchte eine gute Methode um ihn wieder in gang
zu bringen wenn er einmal von sehr tiefen Temperaturen gekillt wird.


Viele Gruesse!
Jonas Léchot
Beiträge: 44
Registriert: Do 10. Jan 2013, 17:15

Re: Kompostheizung (mit Urin u.a.)

Beitrag von Jonas Léchot »

Ja die erste Anwendung für so einen Kompost ist bestimmt das Heizen eines Gewächshauses den Winter über. Pflanzen die mit wenig licht und tiefen Temperaturen auskommen sind da selbstverständlich gefragt (auch Spinat ist da eine sehr gute Wahl). Ich habe bei meinem Kompost rund herum festgestellt, dass der Weissklee total Überhand genommen hat und tiefst grüne Blätter hat. Ich denke mal, dass das Hyphennetz des Kompostes in Verbindung mit Hyphen und dem Klee steht. Das wäre auch sehr interessant zu sehen ob die Nutzpflanzen (Salat, Spinat etc.) davon auch direkt profitieren würden.
Was ich bis jetzt über thermophile Pilze gefunden habe ist, dass diese erst ab 20°C aktiv werden, da der Komposter aber mit 4 cm Hartschaumisolation Wärmediffusion stark verhindert sollte so ein Kompost auch bei -°C noch relativ gut funktionieren.
Wie schnell sich ein Konzentrationsgradient in der Luft ausgleicht weiss ich nicht, ich würde mir aber nicht allzu grosse Sorgen machen, dass toxische Konzentrationen von CO2 akkumulieren würden. Da CO2 schwerer als O2 ist hat es die Tendenz am Boden zu bleiben, ein effizienter Gasaustausch wäre daher unten am Gewächshaus vermutlich am sinnvollsten.
Gestern habe ich eine Probe aus dem Kompost genommen um sie bei Freunden als Inokulat zu verwenden. Dabei habe ich mir beinahe die Finger verbrannt!
Bezüglich Geruchsbeseitigung ist dieser Komposter absoluter Weltmeister. 1 Tag nachdem ich Fäkalien eingebuddelt habe ist absolut nichts mehr zu riechen. Das hat auch eine (vielleicht deutlich geruchssensiblere) Drittperson bestätigt ;-) Es ist auch nicht verwunderlich, da bei dieser Temperatur die Biochemischen Umwandlungen um ein Vielfaches schneller ablaufen als bei Raumtemperatur, und sämtliche unerwünschte Mikroben in den Fäkalien werden sofort abgekocht.

Viele Grüsse,
Jonas
Schinus
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Registriert: So 15. Dez 2013, 07:45

Re: Kompostheizung (mit Urin u.a.)

Beitrag von Schinus »

Hallo Jonas, hallo Erdgeist,
ich möchte mich nicht einfach so aus diesem unglaublich interessanten Thema raushalten, aber derzeit halten mich meine Pflanzen in der Gärtnerei fest im Griff. Ihr habt viele Ideen und Anregungen gesammelt und ich bin zwar kein großer Rechner und Statistiker, aber ein begeisterter Ausprobierer. Sobald es also die Zeit zulässt, möchte ich mich gerne dieser Diskussion anschließen und auch das Ganze mal in meiner Gärtnerei wie in meinem Hobbygarten testen. Styrodur Platten habe ich mir schon gekauft. Ich würde das Ganze mit drei oder vier kleineren Meilern machen, damit einer immer befüllt werden kann. Was ich aber nicht so recht verstanden habe ist die Befülldauer. Also ich meine in einem normalen Küchenhaushalt bekomme ich eine Tonne von ca. 300 Liter Volumen nicht so schnell voll. Selbst wenn ich Stroh hinzu gebe, dauert das ein bisschen, würde ich meinen. Wie schnell muss der Meiler befüllt sein, damit er zu arbeiten anfangen kann? Jonas, du hast geschrieben, dass von unten Luft eintreten können muss. Hast du einen Syropordeckel oben als Abschluß? Kann da genügend Luft austreten? Oder ist der Kasten nach oben offen?
Zu Foliengewächshäusern gäbs viel zu erzählen. UV-A und UV-B Durchlässigkeit, Luftfeuchtigkeit und Kondensation, usw. In ungeheizten Gewächshäusern kann man relativ lange das Jahr über kultivieren. Eine Kompostheizung würde ich im Glashaus eher als Zusatzheizung sehen. Zumindest bis Erfahrungswerte vorliegen. Und die möchte ich bis zum kommenden Winter sammeln. Da bin ich ja mal neugierig.
Herzliche Grüße
Thomas
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