Sterilität von Urin und Kot

Schinus
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Registriert: So 15. Dez 2013, 07:45

Sterilität von Urin und Kot

Beitrag von Schinus »

Liebe Terrapreta Gemeinde,
wer kann mir da weiter helfen? Ich bin auf der Suche nach wissenschaftlichen Untersuchungen, die die Frage beantworten, ob man durch die Fermentierung mit Triaterra Streu o.ä. Pflanzenkohle Streu in Verbindung mit EM, seine Exkremente steril bekommt. Denn sowohl bei der Düngung mit Urin, als auch beim Einsatz von fermentierten und anschließend kompostierten Fäzes, bekomme ich immer wieder den angst machenden Einwand, das sei viel zu bedenklich wegen einer eventuellen Keimübertragung auf das Gemüse. Ich hab im Internet schon ein paar Informationen gefunden, aber nichts, was auf eine entsprechende Untersuchung hinweisen würde.

Es ist nun fast ein Jahr her, da ich das letzte Mal mein WC benutzt habe. Seither verwende ich das Kompostklo, das ich bei Marko gekauft habe. Funktioniert wunderbar und auch die Kompostierung geht einwandfrei von statten. Das Beste für mich ist aber, dass ich bei den Pflanzen in meiner Gärtnerei meinen Urin über einen Düngermischer als Dünger einsetzen könnte, wenn da nicht diese ewige Keimgefahr Einwand Masche daher kommen würde. Denn im Grunde fände ich es eine sehr gute Idee, wenn ich neben meinem wertvollen und selbst erzeugten Dünger, auch mit dem Urin von anderen Menschen arbeiten könnte. Zumindest phasenweise. Mein Einsatzbereich dieser Düngemittel beschränkt sich bei mir momentan auf den privaten Hausgarten und auf meine Kübelpflanzen, die ich privat nutze. Wenn ich aber so gedüngte Pflanzen bei mir in der Gärtnerei verkaufe, dann möchte ich zumindest ein paar Untersuchungsergebnisse vorweisen können, um den Skeptikern und den Seuchengeängstigten Menschen etwas die Einwände zu nehmen. In einem Sendungsbeitrag des Alpenparlaments hab ich glaube ich mal von einer Untersuchung der Uni Leipzig gehört, die sich dieser Frage angenommen haben. War da nicht auch Marko dabei? Weiß da jemand von euch Näheres?

Um es nochmal deutlich zu machen: Meiner Einschätzung nach, passiert da garnichts. Ich glaube, richtig mit Pflanzenkohle, EM und Gesteinsmehl fermentiert und anschließend kompostiert können Spulwürmer, Kolibakterien, Salmonellen im "Freien" nicht überleben. Urin ist von Haus aus steril, auch das ist mir klar. Aber trotzdem sind bei vielen kranken Menschen auch Keime im Urin zu finden. Außerdem ist da die Frage der Hormone, die ja auch ein Problem für die Kläranlagen darstellen und logischerweise die Frage der Medikamentenrückstände, welche ja über den Urin ausgeschieden werden. Also wenn mir in dieser Frage jemand weiter helfen könnte, wäre ich sehr dankbar.
Herzliche Grüße
Thomas
Erdfreund
Beiträge: 97
Registriert: Di 15. Jul 2014, 11:57

Re: Sterilität von Urin und Kot

Beitrag von Erdfreund »

Hallo Thomas,

Harn ist in der Entstehung ab Niere keimfrei, kann aber auf seinem Weg (Blasenentzündung!) - und wird spätestens am Austritt mit Keimen versetzt. Ist also nicht mehr steril. Welche Keime das sind, was sie bewirken, ob und wie lange sie überleben, hängt von der Besiedlung der Spender (und intimen Kontakten) ab. Ich nutze Goldwasser verdünnt für Boden oder Rasen, nie aber für Kopf- oder Blattdüngung von Lebensmitteln. Im Salatbeet nur außerhalb der Pflanzzeit (Feldsalat mag sowieso kein Salz).

Fadenwürmer (Enterobius - "Kinderwürmer") hab ich als Kind in den 50-ern mehrfach noch gehabt. Bis die Gemüsedüngung mit menschlichen "Produkten" verboten wurde. Deren Eier sind zählebig. Ebenso die des wesentlich gefährlicheren Spulwurms. Oder von Bandwürmern. Unsere Haustiere haben noch ein ganz eigenes Arsenal. Selbst im Ziergarten können Eier vom Boden über die Hände übertragen werden. Coli-Bakterien überleben im Wasser - deshalb wird der Titer im Trinkwasser überwacht. Das sind nur wenige von vielen unangenehmen "Kollegen".

Eigenes "Goldwasser" halte ich unter Vorsichtsmaßnahmen für vertretbar, ich kenne ja meinen (Nicht-) Infektionsstatus. "Festprodukte" würde ich nie im Garten verwenden, solange ich keine sichere Sterilisation habe. Vielleicht geht es ja, wenn man nur mit sich selbst zu tun hat. Aber nicht, wenn Dritte als "Lieferanten" oder Abnehmer beteiligt sind.

Dass der Mensch sich davor ekelt, ist nicht (nur) "überkandidelte" Erziehung, sondern ein uraltes evolutionäres Überlebensprogramm zur Krankheitsvorbeugung. Auch Weidetiere meiden die eigenen Ausscheidungen, wenn sie nicht im Stall rein gezwungen werden. Dass es uns stinkt, ist ebenfalls ein uraltes Schutzprogramm (Fliegen empfinden das bekanntermaßen ganz anders! Nicht weil sie dumm sind, sondern weil ihnen nutzt statt schadet.) Das ist bei uns ein guter und fester Instinkt, und lässt sich (zum Glück) nicht wegdiskutieren.

Das ist nicht Masche oder Panik. Wir alle suchen gangbare Wege, die Stoffkreisläufe wieder zu schließen. Aber vermeiden wir grobe Fehler, die die guten Bemühungen in Misskredit bringen könnten. Insbesondere wenn eine Gärtnerei Kundenkontakt hat.

Insofern ist Deine Anfrage goldrichtig. Vielleicht erfahren wir mehr über wirklich zuverlässige und auch privat praktikable Sterilisierungs-Möglichkeiten?

Beste Grüße
Erdfreund
Schinus
Beiträge: 38
Registriert: So 15. Dez 2013, 07:45

Re: Sterilität von Urin und Kot

Beitrag von Schinus »

Lieber Erdfreund,
vielen Dank für deine ehrliche Einschätzung. Seit ich mich mit dem Thema Urin und Kot als Dünger ernsthaft beschäftige, stoße ich immer wieder genau an diese Vorbehalte, wie auch du Sie ausgeführt hattest. Meine Unsicherheit diesbezüglich ist groß, weil ich natürlich keine Infektionskette auslösen möchte. Aber wie realistisch ist diese Gefahr denn wirklich? Und woher kommt diese unendlich große Angst vor Keimen, die mir da immer wieder entgegen schwappt. Ich meine, es ist ja schwierig genug für mich, dieses Thema im Bekanntenkreis anzuschneiden. Keiner will damit etwas zu tun haben, weil wir seit Generationen mit dieser Angst aufgewachsen sind. Seit Herr Pettenkofer die Sache mit der Kanalisation eingeführt hat, scheint uns unsere Scheiße am Arsch vorbei zu gehen, wenn man das mal wörtlich nehmen möchte. Ich glaube das mit der Hygiene ist eine wichtige Sache. Ich glaube aber auch, dass unsere Hinterlassenschaften alles andere als Dreck und gefährlicher Abfall sind, den wir am Besten in einem dunklen Loch verschwinden lassen wollen. Das, was wir hier so unbeachtet wegspühlen, holt uns irgendwann wieder ein. Und deshalb finde ich es wert, darüber zu reden und nachzudenken. Angst ist da keine besonders hilfreiche Diskussionsgrundlage. Deshalb versuche ich, Erfahrungen von anderen Völkern, Epochen und Kulturen zu diesem Thema zu sammeln.

Es gab zum Beispiel 1988 eine Sendung des WDR aus Bad Münstereifel speziell über den Urin. Aus dem daraus folgenden Buch von Carmen Thomas lassen sich wunderbare Dinge rauslesen, die uns diesen Körpersaft möglicherweise etwas zugänglicher machen. In Bad Münstereifel gab es nämlich den Seck Turm. Dort wurde der Urin der Bevölkerung gesammelt und zum waschen der Wäsche bzw. zur Seifenherstellung verwendet. Urin war und ist seit jeher eine sehr wertvolle Medizin. Eigenurin Anwendungen werden auch heute noch oder wieder praktiziert, mache ich übrigens auch. Beispielsweise kannten die Römer offensichtlich keine Seife. Sie hatten aber an allen Ecken irdene Gefäße stehen, die von der Bevölkerung mit Urin befüllt wurde und von den Fullones abgeholt worden sind, um damit die Wäsche der römischen Bevölkerung zu waschen. Schon damals also war Urin eine sehr wichtige Handelsware und das ist es geblieben, bis zur Industrialisierung. Medizin, waschen, Seifen herstellen, Wolle walken. All dazu ist Urin hilfreich. Und dann noch die Düngerwirkung. Ich hab ja schonmal geschrieben, dass an der Humboldt Universität in Berlin darüber ein sehr interessanter Dünger Vergleich angestellt wurde.
http://www.agrar.hu-berlin.de/fakultaet ... /iosdv.pdf
Es gibt also meines Erachtens keinen Grund, diesen Rohstoff einfach so wegzuspühlen. Viel schlimmer noch. Etwa 40% des Stickstoffs in Kunstdüngern stammt aus Nitratgewinnung unserer Kläranlagen. Da wird mit einem sehr energieaufwändigen Haber Bosch Verfahren der Stickstoff aus den Klärwässern extrahiert. Entwickelt zur Sprengstoffproduktion, aber jetzt üblicherweise in den Supermarktregalen als Blumendünger zu haben. Kurios. Ich pinkle ins Klo und kann dann Teile meines Urins im Baumarkt wieder teuer kaufen. Und noch etwas, was mich nachdenklich stimmt. Alle Welt redet vom Erdöl Peak und dass dieser Rohstoff zur Neige geht. Dass aber unsere Phosphor Vorräte offensichtlich viel schneller aufgebraucht sein werden, darüber redet kein Mensch. Immer öfter wird Phosphor an uranhaltigem Gestein abgebaut und damit verbunden ist eine systematische Bestrahlung unserer Äcker über die Jahre. Hinzu kommt, dass sich unser Essverhalten ändert. Viele Menschen und vor allem junge Menschen, verzichten immer öfter auf Fleisch. Ich persönlich finde das eine sehr gute Entwicklung, aber man muss auch sehen, dass damit eine große Düngerreserve entfällt, wenn man auf Kunstdünger verzichten möchte. Und das wiederum sollte sich von selbst verstehen, das brauche ich in diesem Forum glaube ich garnicht zu erwähnen. Also, meines Erachtens spricht nichts, aber auch garnichts dafür, um alles so zu belassen wie es ist. Und dass wir endlich beginnen sollten, über den Wert unserer Ausscheidungen nachzudenken, nein zu reden, nein zu handeln.

Ich glaube nicht, dass das mit der Infektionsgefahr von Kot und Urin ein Problem ist. Ich glaube, es ist dann ein Problem, wenn man sich um seinen Körper und seine Ernährung nicht kümmert. Mit einer umsichtigen Ernährung aber und mit einem sorgsamen Umgang bei der Aufbereitung dieser Rohstoffe, weiß ich nicht, was da passieren soll. Kot von Urin zu trennen halte ich für sehr sinnvoll. Ich praktiziere das schon seit einem Jahr mit der Trenntoilette von Marko, der dieses Forum eingerichtet hat. Mit einer Fermentierung des Kots mit EMs in Verbindung mit Pflanzenkohle ist dies eine geniale Möglichkeit, auf WC zu verzichten. Anschließend idealerweise mit Urin im Stroh o.a. Kohlenstoff kompostiert und zur Heißrotte gebracht, lässt sich ein sehr intensiver Dünger für alle Pflanzen aufbauen. Auch diese Idee stammt aus diesem Forum wie du weißt. Jonas Lechot hat das ja so ausführlich geschildert.

Also im Grunde ist alles da. Vor allem ist eine Handlungsnotwendigkeit da, wie ich glaube. Fehlen lediglich Ergebnisse von wissenschaftlicher Seite um all die skeptischen und ängstlichen Geister zu besänftigen. Glaubst du, dass ich wahnsinnige angst habe, in Krankenhäuser zu gehen? Krankenhauskeime sind etwas, was ich mir nicht einfangen möchte. Immerhin hab ich alleine in meiner Umgebung schon zwei Menschen kennengelernt, die damit zu kämpfen hatten. Trotz dieser meines erachtens realistischen Gefahr, sind die Krankenhäuser voll. Voll mit Patienten und mit Besuchern. Also. Ich würde mir einen entschiedeneren Erfahrungsaustausch zu diesem Thema sehr wünschen, wenigstens in diesem Forum. Denn wenn wir uns davor verschließen, holt uns das Thema ein. Vielleicht nicht mehr uns, sondern unsere Kinder. Aber das wäre mir noch peinlicher. Ich würde gerne von meiner Düngerkraft einiges an meine Pflanzen und an den Boden auf dem sie wachsen, wieder zurückgeben, wenn ich sie schon esse. Das bin ich denen schuldig wie ich meine. Und wenn Friedenreich Hundertwasser in den 70ern schon von der heiligen Scheiße gesprochen hat, dann finde ich es an der Zeit, dass wir da mal langsam zur Tat schreiten. Ich freue mich auf möglichst viele Beiträge und vielleicht dem Ein oder Anderen Hinweis auf eine wissenschaftliche Untersuchung.
Herzliche Grüße
Thomas
Zuletzt geändert von Schinus am Do 27. Nov 2014, 06:56, insgesamt 1-mal geändert.
elis
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Re: Sterilität von Urin und Kot

Beitrag von elis »

Hallo Schinus !

Danke für Dein langes Schreiben. Du sprichst mir aus der Seele. Die Indios haben vor vielen Jahren auch schon ihre Terra-Preta unter anderen mit ihren eigenen Fäkalien gemacht und es gibt sie immer noch und ist immer noch fruchtbarer wie alles andere. Das kann doch nicht falsch gewesen sein. Ich sammle in den Sommermonaten meinen Urin. Habe in jedem Klo einen Kübel mit Deckel stehen. Gieße damit meinen Rasen, meine Kübelpflanzen und auch immer wieder meinen Terra-Preta Haufen. Habe so einen schönen Rasen und kräftige reich blühende Kübelpflanzen. Also kann es nicht verkehrt sein. Also weiter so.

lg. elis
elis
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Re: Sterilität von Urin und Kot

Beitrag von elis »

elis hat geschrieben:Hallo Schinus !

Danke für Dein langes Schreiben. Du sprichst mir aus der Seele. Die Indios haben vor vielen Jahren auch schon ihre Terra-Preta unter anderen mit ihren eigenen Fäkalien gemacht und es gibt sie immer noch und ist immer noch fruchtbarer wie alles andere. Das kann doch nicht falsch gewesen sein. Ich sammle in den Sommermonaten meinen Urin. Habe in jedem Klo einen Kübel mit Deckel stehen. Gieße damit meinen Rasen, meine Kübelpflanzen und auch immer wieder meinen Terra-Preta Haufen. Habe so einen schönen Rasen und kräftige reich blühende Kübelpflanzen. Also kann es nicht verkehrt sein. Also weiter so.
Ich habe Marko seinerzeit bei den EM-Tagen auf der Fraueninsel im Chiemsee kennengelernt. Er war damals schon mit seinen Trockenklo dort.

lg. elis
Schinus
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Re: Sterilität von Urin und Kot

Beitrag von Schinus »

Guten morgen Elis,
vielen Dank für deine Rückmeldung. Ich bin sicher, dass es schon relativ viele Menschen gibt, die sich zu diesem Thema Gedanken machen. Und vor allem glaube ich, dass schon einige Menschen ihre Hinterlassenschaften als hochwertige Düngerstoffe erkannt haben und es so machen wie du es beschrieben hast. Ich denke aber auch an die Menschen ohne Garten oder Balkon. Nachdem ich im Raum München wohne komme ich dort schnell mal mit Menschen in Berührung, die mich fragen: Wohin mit dem Zeug in einer Stadtwohnung? Also ab durch den Kanal und man muss sich darum nicht mehr kümmern. Praktisch ist das schon. Praktisch und kostspielig.

Meine Idee ist die: Was wäre denn, wenn man vor allem in großen Städten nach dem Prinzip des antiken Roms oder aber auch des in meinem letzten Beitrag beschriebenen Seck Turms in Bad Münstereifel, den Urin der Menschen ankaufen würde, um diesen als hochwertigen Mineraldüger in der Landwirtschaft einzusetzen? Das könnte dann so aussehen, dass man sich für diese Teilnahme registrieren lassen muss und wie bei den Mülltonnen eine gewisse Anzahl von Pinkeleimern ausgehändigt bekommt. Und jeden Tag kommt der Abholservice, der einen neuen Eimer bringt. Der Urin wird mit einem (virtuellen) Schnelltester auf Keime, Medikamentenrückstände und Hormone untersucht. Sowas gibts meines Wissens zwar noch nicht, aber ob man jetzt so Zeug wie einen Alkotester oder Drogentester entwickelt oder einen Tester für Keime oder andere Rückstände im Urin, ist ja auch schon egal würde ich meinen. Also, Schnelltester und je nachdem ob der Urin belastet ist oder nicht, kommt er in den Einen oder in den anderen Tank des Sammel LKW. Die sauberen Urin Lieferungen können gleich zur Düngung von Feldern oder Gärtnerei Pflanzen für Landwirte oder Gärtner angeboten werden. Die belasteten Lieferungen müssen erst gereinigt werden. Für saubere Urin Lieferung bekommt der Produzent eine Bezahlung. Für Belasteten Urin gibts nichts.

So, oder so ähnlich. Noch besser fände ich die Idee, wenn man beim Einkauf auf dem Markt oder im Hofladen seinem Gärtner oder Bauern sein Kübelchen überreicht und man als Gegenleistung eine Gutschrift beim Markteinkauf bekommt. Unser Urin und unser Kot hat in unseren Köpfen keinen Wert. Abfall, für dessen Entsorgung man teuer bezahlen muss. Auf die oben geschilderte Art und Weise kann man eine Werteänderung in den Köpfen der Menschen erreichen. Up Cycling, wie der Bayer sagt. Ein zurechtrücken der Werte unserer Ausscheidungen zu dem, was sie verdienen. Am deutlichsten drückt man solche Werte bei uns mit Geld aus.

Und wenn man erstmal merkt, dass man für seine täglichen Pinkeleien Geld oder hochwertige Lebensmittel bekommt, wird man auch damit beginnen, auf die Reinheit dieses selbst erzeugten Düngers zu achten. Denn unreiner Urin bringt ja nichts. Also ist der Anreiz größer, sich so gesund zu ernähren, dass der Körper und seine Ausscheidungen sauber bleibt. Man überlegt, ob man diese oder jene Pille schlucken soll im Hinblick auf die Rückstände, die das Medikament im Urin und damit auf dem gedüngten Gemüse hinterlassen könnte. Dies würde auch unsere Krankenkassen entlasten. Wer dabei verliert, ist absehbar wenn nicht mehr so viele Medikamente verkauft werden können. Das wäre aber insgesamt kein Schaden wie ich finde. Im Grunde eine wie ich finde sehr lohnenswerte Idee, über die man sich da unterhalten könnte. Bis dahin aber ist es noch ein langer Weg. Allerdings find ich es schonmal ein Erfolgserlebnis, dass hier überhaupt eine Reakton kommt, wie dein Beitrag. Herzlichen Dank
Thomas
rainer.gutkas@gmx.at
Beiträge: 33
Registriert: Di 26. Aug 2014, 16:56

Re: Sterilität von Urin und Kot

Beitrag von rainer.gutkas@gmx.at »

Hallo!

Danke für das Thema, ich finde es sehr spannend.
Erstmal zur Entsorgung unserer Ausscheidungen im Kanal. Das kommt ja aus unserer Geschichte. Die Römer hatten schon Kanalsysteme zur Entsorgung unserer Ausscheidungen, im Gegensatz zu den Germanen. Allerdings haben sich die bis in die Neuzeit nicht flächendeckend durchsetzen können.
Im Übergang Mittelalter - Neuzeit kam es dann zu einem Umdenken, durch ettliche Beobachtungen. Ein Hauptgrund war die Pest. Die Kot und Urinbedeckten Straßen lockten Ratten an. Als dann der Pestfloh aus den neuen Landen importiert wurde war führte das in Kombination zu den starken Pestepidemien. Revolutionäre Ärtzte dieser Zeit machten die Beobachtung dass in Städten in denen Fäkalien entsorgt wurden sich die Pest weniger leicht ausbreitete...
So eine kleine Anktote nebenbei, die so beliebten Stöckelschuhe sind eine Erfindung der Zeit wo die Straßen noch Kotverunreinigt waren, sie erlaubten nämlich den Menschen die sie trugen trockenen Fußes durch die Straßen zu kommen.

Ein zweites und sehr zentrales Problem, dass auch heute noch entscheidend ist, ist der Eintrag von Fäkalkeimen in das Grundwasser und somit möglicherweise in das Trinkwasser.
Dies kann zu zahlreichen Krankheiten führen, Cholera, Ruhr,..
Nachdem Gülle ja auch auf Feldern ausgebracht wird ist dies auch heute noch durchaus Thema. Es macht also einen Unterschied wo man Kot und Urin ausbringt.

So und das führt zu Problem Nummer 3. Nachdem wir in einer immer stärker individualisierten Gesellschaft leben, das einhergeht mit dem dass das Wohl des Individuums über das Wohl der Gemeinschaft gestellt wird, kann man nicht davon ausgehen dass jeder mit Bedacht agiert und sich Gedanken macht, wo er was machen kann.

Dies entspricht auch meinen Erfahrungen. Selbst sehr Naturverbundene und reflektierte Menschen kennen oft die Gefahren nicht, die bei einer Keimverseuchung von Trinkwasser herrschen. Dies ist bei großen Festivals immer wieder ein problem. Leider ist es auch eines dass nur schwer angesprochen werden kann, denn es ein Thema ist vor dem vielen Menschen ekelt und sie daher vermeiden.

So und nun zu deiner Ursprungsfrage, wahrscheinlich gibt es unbedenklichkeitsstudien zur Ausbringung auf Feldern, sonst wäre ja die Gülleausbringung verboten... Ich würde mal auf Universitäten für Bodenkultur, etc. nachfragen... Und natürlich auch in Deiner Kommune, weil es sicherlich Regeln zur Ausbringung gibt.

Und Heutzutage haben wir noch ein weiteres Problem bei der Ausbringung, nämlich den Eintrag von Medikamentenrückständen in unsere Böden. Antibiotika zum Beispiel sind für Bodenbakterien sicher nicht förderlich. Allerdings sehe ich da keinen Unterschied bei der Ausbringung von Tierischen und menschlichen Ausscheidungen.



LG, Rainer
Erdfreund
Beiträge: 97
Registriert: Di 15. Jul 2014, 11:57

Re: Sterilität von Urin und Kot

Beitrag von Erdfreund »

Hallo,

der Conquistador Orellana erkundete nach 1500 als Erster das Amazonasgebiet. Er berichtet von einer Hochkultur mit zahllosen, vielleicht Millionen "Indios", blühenden Städten und Dörfern, Waldgärten, Straßen usw. Spätere Eroberer fanden nur noch Urwald und vereinzelte Indio-Siedlungen mit wenigen Einwohnern. Daraufhin tat man Orellanas Bericht als Aufschneiderei ab.

Heute wissen wir dank Terra Preta, Tonscherben und zahllosen Siedlungs-Relikten, dass Orellana Recht hatte. Die Ureinwohner wurden höchstwahrscheinlich durch Krankheiten der Eroberer zum allergrössten Teil ausgerottet. Es gibt sehr fundierte Berichte der BBC dazu.

Zum Glück sind wir Krankheitskeimen nicht mehr so schutzlos ausgeliefert. Deswegen ist es schön, dass es hier und da bei einzelnen Anwendern funktioniert. Trotzdem: der EHEC-Ausbruch 2011 durch belastete Sprossen aus einem Biobetrieb (mit Einbruch des Salat-Markts), aktuelle Warnungen vor Vogelgrippe durch Vogelkot, ebenso aktuelle Berichte über die Ausbreitung von multiresistenten Keimen nicht nur in Krankenhäusern, sondern auch in der "Normal-" Bevölkerung sollten uns zu denken geben. Von den Ebola-Gebieten ganz zu schweigen.

Alle Experten warnen, dass jederzeit eine neue Epidemie ausbrechen kann. Dass bisher nichts passiert ist, verdanken wir unserem guten westlichen Gesundheitsstandard. Sind wir froh, bisher verschont zu sein.

Ich stimme ja absolut zu, die Nährstoffe wenn möglich wiederzuverwenden. Aber mit Augemaß und Sicherheitsbewusstsein. Wir brauchen also als erstes ein absolut zuverlässiges Sterilisationsverfahren. Und verbindliche Regelungen, das einzuhalten. Ich würde nie vertreten, wenn viele Nachbarn ihre Feststoffe ohne fundierte Schulung ausbringen oder herumtragen würden. Rainer weist zu recht darauf hin, dass man nicht von Jedem immer ein Höchstmaß an Kenntnis oder Verantwortung erwarten kann.

Es ist ja gut, uns darüber auszutauschen. Nur sollten wir gegenseitig nicht Panikmache usw. vermuten, sondern Allen Ernsthaftigkeit unterstellen.

Liebe Grüße
Erdfreund
Erdgeist
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Registriert: Mo 10. Feb 2014, 09:06

Re: Sterilität von Urin und Kot

Beitrag von Erdgeist »

Hallo Thomas

Mit medizinischen Studien zur Faekalienhygienisierung kann ich leider nicht dienen.Aber vielleicht ist das, was ich sagen kann, doch auch hilfreich.

Das Problem an dem Du kaust hat zwei Komponenten; eine reale und eine fiktive, menschengemachte. Die Sache beginnt mit der Aufstellung der KEIMTHEORIE (Pasteur,Koch, et al. ~1870).

Die Keimtheorie besagt, dass die Gegenwart von Keimen (Erregern,Mikroben) die Ursache von Infektionskrankheiten ist; spezifische Keime fuer spezifische Krankheiten. Das klingt erst mal plausibel, aber es stimmt so nicht. Wenn es stimmen wuerde, dann muessten alle den Erregern ausgesetzten Leute ausnahmslos an der entsprechenden Krankheit erkranken.Es gibt aber keine Infektionskrankheit die ALLE Leute erkranken laesst; auch wenn nur einer von tausend Leuten nicht erkrankt ist die Keimtheorie per se in Frage gestellt; eigentlich widerlegt in ihrer Ur-form. Ausserdem muesste dann bereits ein einzelner Keim immer genuegen um zu erkranken, und das ist nicht der Fall.Es muss also noch einen anderen Faktor geben. Allgemeiner Konsens ist, dass das Immunsystem darueber entscheidet, ob wir an einem Keim erkranken oder nicht. Man koennte es auch persoenliche Staerke oder Schwaeche nennen.

Und, der Vollstaendigkeit halber:
Man koennte auch behaupten, dass die Gegenwart von Erregern im Koerper Symptom der Krankheit sind und nicht deren Ursache. Das laesst sich genauso wenig beweisen oder widerlegen wie die Ur-Keimtheorie. Aber lassen wir das erstmal.



Es sieht so aus als ob wir fuer zwei Gruppen von Erregern besonders anfaellig sind. Einerseits fuer fremde Erreger mit denen wir noch keinen Kontakt hatten (zB die Dezimierung vieler Urbevoelkerungen durch die gewoehnliche Grippe); und andererseits fuer Erreger die in Faeulnismilieu entstehen, speziell in Kot und insbesonders im eigenen Kot. Hier sind wir bei der realen Komponente des Problems.Auch Tiere meiden ihre eigenen Ausscheidungen solange sie frisch sind, und auch wir haben eine instinktive natuerliche Abneigung gegen unsere Ausscheidungen die normalerweise durch den Geruchssinn ausgeloest wird.Ausscheidungen anderer Arten sind weniger problematisch wenn es sich um Pflanzenfresser handelt.

Und tatsaechlich bringt das Ausbringen von unbehandelten Faekalien leicht Probleme wie etwa Ruhr oder auch Cholera und auch Parasiten durch die zu schnelle Schliessung des Stoffkreislaufes. Das kam schon immer wieder vor, zB nach dem 2. Weltkrieg in Mitteleuropa. Unsere Faekalien muessen also vor ihrer Verwendung als Duenger hygienisiert werden, dann ist das ok. Viele haben an solchen Hygienisierungsverfahren gearbeitet, wie etwa Haiko Pieplow oder auch Friedensreich Hundertwasser in der Gegenwart aber auch zB Sir Albert Howard vor 100 Jahren.

Diese reale Komponenete des Problems kann mit geeignetem Verfahren geloest werden.



Aber da ist noch die zweite Komponente. Die fiktive, menschengemachte. Ausgehend von der Ur-Keimtheorie, hat man die Mikroben zum Feind erklaert; quasi zu Terroristen(lol). Ein nie endender Krieg gegen einen imaginaeren Feind ist ein hervorragendes Geschaeft. Und die geschuerte Angst vor einem unsichtbaren Feind ist die beste Methode um die Menschen zu beherrschen.

Ja, die dritte Art von Krankheit, fuer die wir sehr anfaellig sind, ist die Dummheit.


Du kannst die Welt nicht schneller aendern als sie sich aendern will. Und mit den Goetzenanbetern ist nicht gut Kirschen essen.



Diesmal geht es nicht um einen Kompost der dann doch nicht geheizt hat; diesmal geht es um Deinen Beruf. Bis zur Genehmigung ihn ausueben zu duerfen.




Viele Gruesse
Leben
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Registriert: Mi 5. Feb 2014, 13:19

Re: Sterilität von Urin und Kot

Beitrag von Leben »

Hallo----Aber da ist noch die zweite Komponente. Die fiktive, menschengemachte. Ausgehend von der Ur-Keimtheorie, hat man die Mikroben zum Feind erklaert; quasi zu Terroristen(lol). Ein nie endender Krieg gegen einen imaginaeren Feind ist ein hervorragendes Geschaeft. ---
Dies kann ich nur bestätigen, aber zum Glück gibt es Menschen die gelernt haben, das Mikroben echte Freunde und Helfer sind. Bitte lest das Buch von Dr. A.K. Zschocke, die erstaunlichen Kräfte der effektiven Mikroorganismen EM
Dort steht Grundwissen und viel Erfahrung mit Mikroben drin.
Gruß
Antworten