Urin im Winter

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ohrweide
Beiträge: 6
Registriert: Mi 17. Okt 2012, 19:17

Urin im Winter

Beitrag von ohrweide »

Ca. 80 % meiner Gartenbeete sind mit Wickroggen eingesät und stehen im prächtigen Grün. Kann ich an frostfreien Tagen mit meinem Urin (verdünnt) gießen und düngen? Ist der Wickroggen im Winter in der Lage, den enthaltenen Stickstoff zu binden, so dass er im kommenden Gartenjahr es wachsen lässt? Anfang März pflege ich meinen Gründung flach einzuarbeiten, um im April/Mai sähen und pflanzen zu können.
Auf verständnisfördernde Antworten freue ich mich.

Gruß, ohrweide
Schinus
Beiträge: 38
Registriert: So 15. Dez 2013, 07:45

Re: Urin im Winter

Beitrag von Schinus »

Guten morgen Ohrweide,
da mich das Thema ebenfalls interessiert, kann ich dir ja mal meine Erfahrungen dazu erzählen. Allerdings hab ich eine Gärtnerei und arbeite mit Pflanzen ausschließlich unter Glas, also keine Freiland Erfahrungen. Egal welchen Mineraldünger du verwendest, im Winter nehmen die Pflanzen in unseren Breiten einfach so gut wie nichts auf. Bodentemperatur, Tageslänge/Lichtmenge, Lufttemperatur, das sind die Eckpfeiler mit denen der Pflanzenmotor - nein Pflanzenorganismus (ist ja keine Maschine) - in Schwung kommt. Nun sehe ich zwar bei uns jedes Jahr im Frühjahr, wenn der Schnee noch zum Teil auf den Feldern liegt, viele Bauern mit ihren Kunstdüngerstreuern über das Getreide und den Raps brausen und frag mich immer, was das soll. Ich selbst fange bei meinen Pflanzen im Glashaus erst wieder ab mitte Februar an mit der Düngung. Da stimmt die Tageslänge schon wieder einigermaßen und die Bodentemperatur im Gewächshaus ist durch die Sonne schon wieder in frühlinghaften Schwung.
Mit der Speicherung von Urin im Boden hab ich allerdings auch noch keine allumfassend schlüssige Erklärung. An anderer Stelle in diesem Forum wurde das Thema schon ausführlich besprochen. Sicher ist jedoch, dass der winter den Vorteil hat, dass durch die kühlen Temperaturen das Ammoniak nicht gleich durch die Luft abhaut. Um vor Allem den Stickstoff des Urins im Boden zu speichern brauchts Kohlenstoff inform von Stroh, Holzhäcksel, Laub, Holzkohle, abgestorbene holzige Pflanzenteile. Sind die nicht im Boden vorrätig, wird der Stickstoff mit den Regen und Schneefällen ausgewaschen. Oder aber du wartest bis ins Frühjahr, sammelst deinen Urin (das geht gut, hab ich selber ausprobiert, da riecht nix wenn er kühl gelagert wird. So mach ich das zumindest bei mir) und bringst den dann aus, wenn das Pflanzenwachstum in Gang kommt. Übrigens die viel zitierten Verbrennungen an Pflanzenteile durch zu intensive Urindüngung hab ich bisher noch nicht beobachten können. Und dazu hab ich wirklich schon sehr viel probiert. Allerdings hab ich eine Untersuchung gelesen von der Humbolt Universität Berlin, wo die Uringaben an Winterroggen und -weizen sowie an Raps gemacht hatten und feststellten, dass Urin einen Dünge Vergleich mit Kunstdünger durchaus standhalten kann. Aber nach der Urindüngung verschwinden zunächst mal alle Regenwürmer. Erst nach etwa 2 Wochen kommen die wieder zurück.
Das wären so die wichtigsten Dinge, die mir dazu einfallen.
Herzliche Grüße
Thomas
ohrweide
Beiträge: 6
Registriert: Mi 17. Okt 2012, 19:17

Re: Urin im Winter

Beitrag von ohrweide »

Danke, Schinus. Durch Deinen ausführlichen Beitrag ist mir einiges klargeworden.
Da mein Wickroggen im Winter nur bei sehr milder Witterung überhaupt weiterwächst, wird er auch nur wenig Stickstoff aufnehmen können. Sein Hauptnutzen wird darin liegen, den von den Gartenfrüchten nicht verbrauchten Stickstoff noch aufzunehmen und ihn so vor ausgewaschen werden im Winter zu retten. Außerdem schneide ich täglich etwas von dem Wickroggen für meine vier Hühner klein, worüber sich diese sichtlich freuen.

Soweit sich der C - Anteil meiner Gartenbeete erhöht (durch Zugabe von Holzkohlegries zum Kompost) wird die Erde wohl auch mehr Stickstoff in Form von Humus speichern können. Sehe ich das richtig? Evtl. kann bei einem hohen C - Anteil auch im Winter etwas Stickstoffzugabe in Form von Urin gebunden werden? Grübel, grübel.......

Freundliche Grüße,
Gerhard aus Oberschwaben (ohrweide)
rainer.gutkas@gmx.at
Beiträge: 33
Registriert: Di 26. Aug 2014, 16:56

Re: Urin im Winter

Beitrag von rainer.gutkas@gmx.at »

Ich hab schon ne Menge links gefunden, die empfehlen Hholzige Ausgangsprodukte, also Häcksel, Rindenmulch Blätter mit Urin anzusetzen, da das dann ein optimal kompostierbares ergebnis ergibt, sprich wenn du genug holziges liegen hast müsste es eigentlich auch gut gehen...
Erdgeist
Beiträge: 231
Registriert: Mo 10. Feb 2014, 09:06

Re: Urin im Winter

Beitrag von Erdgeist »

Ich vergaehre jetzt den Urin mit grosszuegig gezuckerter Milchsaeurekulturloesung und lasse das dann von Holzkohlegriess aufsaugen. Die so praeparierte Holzkohle wird dann in der warmen Jahreszeit in den Boden eingebracht als Bestandteil von in-situ Kohlebokashi.

Viele Gruesse
rainer.gutkas@gmx.at
Beiträge: 33
Registriert: Di 26. Aug 2014, 16:56

Re: Urin im Winter

Beitrag von rainer.gutkas@gmx.at »

Hallo Erdgeist!

Das finde ich spannend, ich habe einen fertigen Bokashi Eimer im Keller wo ich ähnliches versuche, kannst Du mir genauer beschreiben wie du es machst und worauf es genau ankommt?

LG, Rainer
Erdgeist
Beiträge: 231
Registriert: Mo 10. Feb 2014, 09:06

Re: Urin im Winter

Beitrag von Erdgeist »

rainer.gutkas@gmx.at hat geschrieben:Hallo Erdgeist!

Das finde ich spannend, ich habe einen fertigen Bokashi Eimer im Keller wo ich ähnliches versuche, kannst Du mir genauer beschreiben wie du es machst und worauf es genau ankommt?

LG, Rainer
Hallo Rainer!

Ein besonderes Verfahren dafuer habe ich nicht entwickelt; braucht es wahrscheinlich auch nicht.


Grundsatzueberlegungen und Vorgeschichte:

1) schon frueher habe ich Urin mit Milchsaeurekultur versetzt um bei laengerer Lagerung den Geruch zu binden und um den Urin auch aufzuwerten. Im Grunde werten die Lactobazillus&Co alles, was sie metabolisieren, auf. Das funktioniert recht gut; es wird zwar nicht geruchsfrei, aber deutlich besser. Wahrscheinlich wird der N (und nicht nur) im Urin mit dem in der Milchsaeurekulturloesung grosszuegig verfuegbaren Zucker (C-Lieferant) gemeinsam metabolisiert. Wie ich die Kulturloesung ansetze ist hier beschrieben: http://terra-preta-forum.de/viewtopic.p ... 539f#p1047
Ausserdem werden etwaige schaedliche Mikroben (Faeulnisbakterien, Grau- und Schwarzschimmel etz.) auch gleich mitgefressen und so zu nuetzlichem Duenger. Ich glaube nicht dass eine friedliche Coexistenz von Lactobazillus&Co mit schaedlichen Mikroben moeglich ist. Entweder dominiert das Eine oder das Andere. Von der Dominanz der Milchsaeurekultur ueberzeugt man sich natuerlich regelmaessig durch Geruchsprobe und Augenschein.

2) die Zeit der Lagerung von Urin ist jene, wo er nicht direkt zum Duengen verwendet werden kann. Also ab igendwann im November bis Anfang/Mitte Maerz. Das ist auch die Zeit in der ich das Meiste meiner Holzkohle produziere (Dose im Ofen). Dann liegt die Kohle herum bis ich sie ab etwa April anfange zu verwenden (in-situ Kohlebokashi).

3) man kann Holzkohle einfach Urin aufsaugen lassen um ihn besser und hygienischer zu lagern und damit er spaeter in der Erde langsam wieder abgegeben wird (Puffereffekt von Holzkohle).

4) man kann auch eine Art "Tria-Terra-Streu" selbst herstellen indem man Holzkohle einfach Milchsaeurekulturloesung aufsaugen laesst. Dadurch erspart man sich die Notwendigkeit, zum Zeitpunkt der Bokashibereitung immer auch fertige Kulturluesung parat zu haben. Die ist dann schon in der ohnehin notwendigen Holzkohle enthalten.



Und jetzt liegt natuerlich die Idee nicht fern, all das zu kombinieren und die Holzkohle eine Mischung aus Urin und Milchsaeurekulturloesung, zumindest gut gemischt und vielleicht auch ein-zwei Tage vergohren, aufsaugen zu lassen. Die Kohle muss natuerlich erkaltet sein damit sie die Milchsaeuremikroben nicht abtoetet. Ich schaetze, dass der Urin des ganzen Winters von ~150 Ltr Holzkohlegriess pro Person so gebunden werden kann; vielleicht auch mit weniger Holzkohle. Selbst wenn man nicht so viel Holzkohle verarbeitet kann man einen Teil des Urin-lagerungsproblems loesen.


Viele Gruesse!
Erdgeist
Beiträge: 231
Registriert: Mo 10. Feb 2014, 09:06

Re: Urin im Winter

Beitrag von Erdgeist »

Erdgeist hat geschrieben: Ein besonderes Verfahren dafuer habe ich nicht entwickelt; braucht es wahrscheinlich auch nicht.
update:

Ich schuette ~2 Ltr Kulturloesung in einen Eimer mit Deckel und gebe dann den Urin zu wie er anfaellt. Etwa ab 4-5 Ltr Urin beginnt die Mischung langsam immer mehr nach Urin zu riechen. Ist mit Deckel sicher kein Problem, ausser vielleicht in sehr heissem Wetter. Dann schuette ich Holzkohlegrus dazu, lasse ihn ca. einen Tag einweichen und hole ihn mit einer Pflanzschaufel wieder heraus und ab damit ins Kohlelager(Kohlesack, Muellsack in einem externen Gewebesack). Dabei bleibt natuerlich immer etwas Kohle im Eimer, und seitdem ich die Kohle drin habe kann ich 8 Ltr und mehr an Urin zugeben ohne dass sich Uringeruch bildet!


ausserdem, Korrektur:

150 Ltr. Kohlegrus pro Person und Winter, das wird wohl nicht langen...
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